Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
In <strong>seine</strong>m nunmehrigen Einsiedlerleben mußte der Zünderle an vieles<br />
denken. Nicht bloß an die Trödel- <strong>und</strong> Flickarbeit wovon er <strong>seine</strong>n Un-<br />
terhalt hatte, auch an Politik <strong>und</strong> an die Wirtschaften. Kummer hatte<br />
er nur noch, wenn am Wochenende nicht mehr viel im Geldbeutel war.<br />
Blieb aber für den Wirtshausgang am Sonntag doch noch ein wenig<br />
Zaster übrig, flitzte er schnurstracks das Eichefranze Teufelsgängle hin-<br />
ab in die „Stubb", oder die „Sonne". Gerade in der Stubb, die neben<br />
der Kirche <strong>und</strong> dem Rathaus lag <strong>und</strong> heute das zeitgemäße Gasthaus<br />
„Zum Engel" geworden ist, trafen sich nach den hitzigen Sitzungen<br />
die Ratsherren noch zu einem Schoppen. Hinzu gesellten sich zuweilen<br />
auch ein paar Nörgler, die hintenherum den „Herren" auch noch einige<br />
liebe Wörtle ins Gewissen reden wollten. Einer der Honoratioren ging<br />
nämlich einmal ein halbes Jahr aufs Gymnasium <strong>und</strong> galt schon ganz<br />
schön als reicher Bauer im Dorf. Ein anderer armer Knochen, der schon<br />
einen kleinen „Suuser" hatte, fing gleich zu sticheln an <strong>und</strong> meinte<br />
spitz: ,,0b er gar auch noch das Heuwagenladen studiert habe?" Über-<br />
zwerch schielte der so Blasierte über den Tisch <strong>und</strong> brüllte zornig zu dem<br />
hin: „Halt doch du sündiger Tropf deine blöde Gösch, oder ich hau dir<br />
eine uff d' Rotznas, daß du das ewige Licht leuchten siehst!" Siedheiß<br />
fiel ihm aber ein, daß die Kuh daheim am Kalben ist <strong>und</strong> machte sich<br />
eilends auf die Socken.<br />
Gar lustig ging es da manchmal zu. Es wurde gesungen, diskutiert <strong>und</strong><br />
debattiert, gelacht <strong>und</strong> kräftig getrunken <strong>und</strong> zum Schluß, wenn alle<br />
schon in der halbausgegorenen Weltanschauung hitzköpfig waren,<br />
kamen die stinkreichen Blutokraten mit ihren Speichelleckem <strong>und</strong><br />
Liebesdienem noch an die Reihe. Der „Baron", der sich auch schon ein<br />
bißchen zu den Dorfrevoluzzern zählte <strong>und</strong> schon etliche hinter der<br />
Binde hatte, haute mit der Faust auf den Tisch, daß nur so die Gläser<br />
wackelten <strong>und</strong> brüllte: „Ja, diese Schacherer mit dem Mammon <strong>und</strong><br />
ihrem ewigen Freiheitsgeschwätz, babbeln uns noch ein Loch in den<br />
Hosensack. Freiheit!, was soll das, gilt doch nur der monopolitischen<br />
Oligarchie, für die h<strong>und</strong>ert Mark noch keine Million <strong>und</strong> eine Million<br />
aber nur soviel bedeutet, was uns arme Lazaruse zehn Pfennig wert<br />
sind. Ein Trost bleibt uns aber doch zu sehen, wie diese Großköpfe<br />
durch ihre blindwütige Leidenschaft zu herrschen, sich selber an die<br />
12