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Zünderle" und seine Zeit

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die andern Sulzer bi dr Hegg <strong>und</strong> tauften den Ferdinand Wiegert im<br />

Kirchgäßli lebenslänglich zum „Ängländer" um. Aber nichts destoweni-<br />

ger hängte <strong>seine</strong> Pusasch, die Ursula Trahasch, wie im siebenten Himmel,<br />

an ihrem über alles geliebten Ferdinand, <strong>und</strong> bald wurde auch Hochzeit<br />

gemacht. Die Ursel schenkte ihrem Mann drei Töchter. Da war die Karo-<br />

lin, die Abell <strong>und</strong> die jüngste hieß Amalia. Und gerade diese Amalia<br />

wurde dann später unserem Helden Zünderle <strong>seine</strong> auserwählte Prinzes-<br />

sin, die aber der Schnitter Tod so früh <strong>und</strong> erbarmungslos wieder von<br />

ihm wegholte.<br />

Heute ist ungutes Wetter, draußen weht ein kalter Wind. Zum Schreiben<br />

habe ich wenig Lust <strong>und</strong> steh am Stubenfenster <strong>und</strong> schaue dem Treiben<br />

der Vögel am Futterplatz zu. Die Spatzen beherrschen den Platz <strong>und</strong><br />

man kann sehen, wie sie frech <strong>und</strong> verschlagen den andern ihren Anteil<br />

streitig machen. Genauso sieht es bei den Menschen aus. Je geriebener<br />

<strong>und</strong> gewissenloser einer ist, desto leichter kann er andere übertölpeln.<br />

Und man darf wohl ruhig sagen, daß die Dummheit mit der Gutgläubig-<br />

keit über die Jahrh<strong>und</strong>erte hinweg einen höchst feudal signierten Frei-<br />

brief hatte — <strong>und</strong> auch heute noch hat!<br />

Jetzt aber nochmal zurück zum Sulzer-Leben. Anno 1905 sollte unser<br />

noch ärmliches Dorf doch eine Wasserleitung haben. Über die Alpen<br />

kam eine Kolonne Italiener gezogen. Hinten im Tal, bei der Stockmatt,<br />

schlugen sie eine Bretterbude auf. Ihr Boß brachte noch zwei Weiber mit,<br />

die für alle kochten <strong>und</strong> sorgten. Heiter in ihrem Wesen, pickelten <strong>und</strong><br />

schaufelten die Männer bei Wind <strong>und</strong> Wetter eifrig die tiefen Gräben auf.<br />

An den Abenden hockten sich alle fröhlich zusammen, spielten Ziehhar-<br />

monika <strong>und</strong> sangen wehmütige Heimatlieder. Wir Kinder scharten uns<br />

immer neugierig drumherum <strong>und</strong> betrachteten rührselig das fremde Volk.<br />

Heute noch gedenkt mir diese ereignisvolle <strong>Zeit</strong> <strong>und</strong> ich will, so gut ich<br />

noch weiß, einen Fetzen der Lieder kurz zitieren: „Z'schinqua, Z'schin-<br />

qua Dora, Isabella Dora, e du Emanuel e du Emanuel, viktori Manuel".<br />

Wir verstanden ja keine Bohn, sangen aber doch das Z'schinqua-Dora<br />

begeistert mit. Nur Frohsinn klang aus den Kehlen dieser lustigen Ge-<br />

sellen <strong>und</strong> sie sangen <strong>und</strong> sangen ihre ergreifenden Lieder, die weithin<br />

erschallten.<br />

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