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Zünderle" und seine Zeit

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Kette legen <strong>und</strong> wiederum im Spinngewebe unserer <strong>Zeit</strong>, gleichgear-<br />

teten Gaunern zum Opfer fallen".<br />

Unser Zünderle horchte dem Diskurs aufmerksam zu, dachte dabei an<br />

<strong>Zeit</strong>strömungen <strong>und</strong> Wandlungen, die auch das Dorf berühren <strong>und</strong><br />

meinte, es sollte doch auch bei uns mehr aufgeschlossenes Leben<br />

geben. Da existiert doch nur der Kriegsverein, der einem Helden<br />

auf dem Kirchhof mit Platzpatronen einen letzten Gruß nachfeuert.<br />

,,Musik, Musik, Musikanten müßten her", gackerte der Zschepp in<br />

der seligsten Bierlaune <strong>und</strong> schnalzte aufmunternd zu <strong>seine</strong>m Busen-<br />

fre<strong>und</strong>. „Heida du Häflismacher, hi, hi, du hättest das Zeug dazu, stell<br />

doch Mal was schnuriges auf die Beine". Dies rechtschaffene Anerbieten<br />

gab dem apostrophierten Zünderle förmlich einen Riß. Die Idee ließ ihn<br />

nachdenklich erscheinen; schnupfte noch eine Prise <strong>und</strong> langte nach dem<br />

Schnupftuch um die Augen zu wischen.<br />

Von nunan kamen sie öfters zusammen. Lamentierten aber immer übers<br />

Geld <strong>und</strong> was so Musikzeug alles koste. Einer lachte <strong>und</strong> meinte trübse-<br />

lig: „Nirgendwo auf der Welt sind die Menschen ehrlicher als gerade wie<br />

in unserem gottverlassenen Sulz <strong>und</strong> deshalb sind wir auch so bettel-<br />

arm!" Ein Philippus warf sein Schnitzer dazwischen <strong>und</strong> spöttelte:<br />

„Gerade weil wir so erbärmlich arm sind sollen wir in den Himmel kom-<br />

men, aber alles sieht doch ganz anders aus!" Die Menschen sind nun ein-<br />

mal von Gier nach Reichtum beseelt. Leiden, lieben <strong>und</strong> hassen wie eh<br />

<strong>und</strong> je <strong>und</strong> so wird es sein <strong>und</strong> bleiben bis zum Jüngsten Tag. Was soll da<br />

noch anders sein? Gilt doch auf dieser krummen Welt einer erst etwas<br />

<strong>und</strong> wird ehrerbietig angesehn, wenn er durch Tricks <strong>und</strong> Gaukelei reich<br />

<strong>und</strong> mächtig <strong>und</strong> ein Batzen auf der Sparkasse liegen hat.<br />

Und doch leuchtete in dieser Kameradschaft immerwieder die <strong>Zeit</strong> auf<br />

<strong>und</strong> ganz unverdrossen bekannte sich der „Bläsiörg", der neben der<br />

Landwirtschaft noch ein paar Mark am Stierhalten erzielte, der „Franz-<br />

toni", der als Mauerer beim Brauhausbau in der Schützenstraße in Lahr<br />

vom Gerüst stürzte <strong>und</strong> hernach mit einer dürftigen Rente <strong>und</strong> den<br />

Äckerle, die er noch mitbesorgen <strong>und</strong> so sich <strong>und</strong> die Familie einiger-<br />

maßen durchbringen konnte, zu der Musikidee. Zu der kleinen Schar<br />

zählte s' Mesners Pius" oben am Raim <strong>und</strong> des „Krätlisteffes Adolf.<br />

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