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Unser Vater war gelernter Mühlenbauer <strong>und</strong> so konnte er, als die Hausan-<br />
schlüsse fertig waren, die Leitung selber ins Haus verlegen. Überall stan-<br />
den wir im Wege <strong>und</strong> nichts in der Welt hätte uns vertreiben können. Im<br />
Keller war der Abstellhahn <strong>und</strong> der gute Vater rannte die Kellersteg auf<br />
<strong>und</strong> ab — ihn hatte es scheinbar selber gepackt <strong>und</strong> wir warteten aufgeregt,<br />
wie arme Sünder vor dem Schaffott, auf das Ereignis. Endlich drehte er<br />
hurtig den Hahnen in der Küche auf <strong>und</strong> das Wasser rauschte gewaltig auf<br />
den Sandtropfstein. Der Lebensquell sprühte so heftig <strong>und</strong> wir lachten<br />
wie die Wilden den Vater aus, als wir sahen wie er dabei pudelnaß wurde.<br />
Gott, du lieber Gott, war das in unserem noch kleinen abgeschiedenem<br />
Dörfle ein freudiges Ereignis. Nicht eine halbe Million hätte das beschei-<br />
dene Volk froher machen können als dieser erste Wasserstrahl. Ja,<br />
meinetwegen lacht nur, aber es war doch so!<br />
Überall wurde das Wasser zunächst nur in die Küche gelegt, doch die<br />
Frauen waren damit schon mehr als zufrieden <strong>und</strong> hatten der Kosten<br />
wegen, kein weiteres Verlangen. Niemehr brauchten sie jetzt das Wasser<br />
im Kübel auf dem Kopf von den Dorfbrunnen holen. Doch mit dieser<br />
fabelhaften Neuerung verschwand aber auch urplötzlich — gerade wie<br />
man dem Kind das Spielzeug wegnimmt —, das allabendliche poesievolle<br />
Leben. Nicht mehr war das Stelldichein auf der Straße am Brunnen, wo<br />
immer schadenfroh über andere gehechelt <strong>und</strong> die Dorfereignisse breit-<br />
geschlagen wurden.<br />
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