Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
der Ochsenstall, der uns immer wieder anzog, dadrin standen hm — zwei<br />
kraftvolle Burschen. Der Weiße war ein friedliches Tier, aber der Rote<br />
bös <strong>und</strong> wild. Kam jemand fremd in den Stall, fegte er gleich hinten hin-<br />
aus <strong>und</strong> gerade das reizte uns zum „fitzen", was uns böse Buben Hei-<br />
denspaß machte.Vielmals in meinem langen Leben mußte ich an die<br />
Bläsiörgs denken <strong>und</strong> wie verzaubert kamen die schönen, lieblichen Er-<br />
innerungen. Gerade der Johannle <strong>und</strong> ich durften der Mutter Seraphine,<br />
wenn sie Zwetschgenschläckli einmachte, den „Zuckerhut" verklopfen.<br />
Heute, wo alles h<strong>und</strong>ertmal umwickelt <strong>und</strong> eingepackt serviert wird,<br />
weiß kein Mensch mehr etwas von den Zuckerhüten.<br />
Banges Gefühl überkommt mich, wenn ich heute noch an den Rauchfang<br />
in der Küche denke, wo man oben das Licht des Himmels erblicken<br />
konnte. Da hingen prall die Speckseiten, die Leber- <strong>und</strong> Schwarzwürste —<br />
Schmalhans, war da nie zu Hause! Einmal verhandelte mir der Sexauer<br />
Gustav — <strong>seine</strong> Gebeine liegen irgendwo um Verdun, in Frankreich her-<br />
um — für ein Säcklevoll steinerne, gläserne <strong>und</strong> „harderne" Kügelchen,<br />
ein halbkaputtes Terzerölili, das auch noch ganz gewaltig meinem Kame-<br />
rad, den Johannle faszinierte. Langte ich das Ding aus dem Hosensack<br />
wurde er ganz feurig davon <strong>und</strong> versprach mir mit einem Stück Speck<br />
den Himmel auf Erden, wenn ich es ihm zu eigen mache. Handelseinig<br />
gingen wir in die Küche, niemand war zu Hause, alle waren draußen<br />
auf dem Feld <strong>und</strong> beim Hinaufsehen in den Rauchfang wurden die<br />
Augen groß <strong>und</strong> größer. Der Johannle holte aus der Tischlade ein altes<br />
Brotmesser, das sicher noch von den Ureltern her stammte. Das Ding<br />
war so abgeschliffen <strong>und</strong> biegsam, daß ich mich kaum traute, damit<br />
an den Speck heranzugehen. Aber beim Anblick all der Herrlichkeiten<br />
rann mir das Wasser im M<strong>und</strong> zusammen. Der Johannle schob die "Was-<br />
serbank", darauf standen immer die gefüllten Wasserkübel, an den mit<br />
Lehm gemauerten Herd. Ich stieg hinauf <strong>und</strong> säbelte an einer schon<br />
angeschnittenen Speckseite herum. Immer weiter rutschte das biegsame<br />
Messer nach innen. Mir wurde bange zu Mute <strong>und</strong> der Angstschweiß<br />
rannte mir vom Gesicht. Der Johannle sah von unten ungeduldig zu.<br />
Immer glaubte er jemand kommen zu hören <strong>und</strong> schrie zu mir herauf:<br />
,,Mach doch emol <strong>und</strong> hau ab!" Den großen Fetzen nahm ich unter die<br />
Hemdbluse, rannte wie ein Dieb davon <strong>und</strong> versteckte den Fang in<br />
75