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Edwardle zum Dach hinauf, von wo es so unglücklich herabfiel <strong>und</strong> wim-<br />
mernd am Boden liegen blieb. Nachbarsleute wurden aufmerksam, hoben<br />
das Büble vom Boden auf, legten es in die Stube <strong>und</strong> suchten nach den<br />
Eltern. Die Mutter kam zuerst herbei, umarmte weinend ihr stöhnendes<br />
Kind <strong>und</strong> dachte wohl im Schmerz — das Büble muß wahrscheinlich was<br />
gebrochen haben — <strong>und</strong> wickelte es warm in die Bettlade ein.<br />
In jener <strong>Zeit</strong> aber, wo das Geld überall knapp <strong>und</strong> oft nicht viel zum Bei-<br />
ßen <strong>und</strong> Nagen in der Küche war <strong>und</strong> der Weg, sonderlich in der Nacht,<br />
nach der Stadt oder Kippenheim ängstlich <strong>und</strong> gar beschwerlich war<br />
scheute man, wie der Teufel das Weihwasser, auch gleich den Doktor zu<br />
holen.<br />
Ohne viel Federlesen wurde in den meisten Fällen, nur mit inbrünstigen<br />
Gebeten zur hilfreichen Mutter Gottes vertrauend, auf Heilung gehofft.<br />
Schicksalergeben glaubten Vater <strong>und</strong> Mutter, es wird schon wieder wer-<br />
den. Aber das Edwardle wuchs mit einer Verkrümmung heran, die sich<br />
allmählich zu einem Schnitzbuckel ausartete. Gemeinsam saßen sie noch<br />
Jahre um den Tisch, aßen ihr Brot <strong>und</strong> trieben miteinander muntere<br />
Späße. Die Mutter aber fing, vor lauter Kummer <strong>und</strong> Sorgen ums tägliche<br />
Leben, zu kränkeln an, wußte sie auch oft in der Not nicht, was sie für<br />
die hungrigen Mäuler auf den Tisch stellen sollte. Und so, umlauert vom<br />
Schatten des Todes, wurde sie schon früh von ihrer lieben Herde hinweg-<br />
gerissen <strong>und</strong> der Vater von tiefsinnigem Heimweh gequält, siechte hin-<br />
haltend hin <strong>und</strong> folgte der Mutter bald nach. Das trauliche Zusammen-<br />
leben brach nun auseinander. Jedes der Geschwister glaubte an eine heil-<br />
vollere Wende im Suchen nach einem besseren Leben in der Fremde.<br />
Einsam <strong>und</strong> verlassen, mit Heimweh <strong>und</strong> Sehnsucht nach den Eltern <strong>und</strong><br />
Geschwistern geplagt, mußte der nun älter gewordene Edward mit sei-<br />
nem Los alleine fertig werden. Wo hätte er auch sonst mit <strong>seine</strong>m Gebre-<br />
chen in der rauhen Welt einen Halt fürs weitere Leben finden sollen?<br />
Von nunan blieb ihm nichts anderes übrig, als <strong>seine</strong>n Unterhalt auf die<br />
wahren Bedürfnisse eines ärmlichen Lebens zu beschränken <strong>und</strong> dennoch<br />
ertrug er dieses auferlegte Los ohne jemand ein Leid zu klagen. Wie auch<br />
immer die <strong>Zeit</strong> W<strong>und</strong>en heilt <strong>und</strong> über alles Weh hinweg hilft, drang<br />
auch wieder Mut in <strong>seine</strong> traurige Seele.<br />
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