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Zünderle" und seine Zeit

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um <strong>und</strong> langte auch mehr als einmal die neuerstandene Sackuhr aus dem<br />

Schiletäschle um zu zeigen, daß er auch schon eine habe. Ja, so war eben<br />

noch die <strong>Zeit</strong>, wo einer das ganze Jahr hindurch Pfennigweis sparen muß-<br />

te, um so ein Kleinod zu besitzen, aber wahrlich auch sein Lebtag eine<br />

Freude daran hatte.<br />

Witz <strong>und</strong> unerschöpflichen Galgenhumor zeichneten auch den Fer-<br />

dinand im Zünderle-Milieu aus. Noch vom Franzosenkrieg her, trug er<br />

eine Narbe wie ein Student von der Mensur <strong>und</strong> man konnte meinen,<br />

er wäre von adeligem Geblüt. Strickli legen <strong>und</strong> Schnepfen fangen lag<br />

ihm im Blut, wie der Katz das Mausen. Einmal holte ihn der Schandarm,<br />

weil er nachts im Wald frevelte <strong>und</strong> einem Rehbock nachstellte, ins<br />

„Hiesli" am Augraben. Die Frau brachte ihm das Essen <strong>und</strong> er sagte<br />

gleich zu ihr: ,,Hol im Schopf seil Brecheisen <strong>und</strong> lang es mir, wenn es<br />

dunkel wird, durchs Gitter <strong>und</strong> du wirst sehen, wie schnell ich wieder bei<br />

dir in der Kammer bin." Bald aber wäre er noch, beim Rausschlüpfen aus<br />

dem Loch, in den Augraben geplumpst <strong>und</strong> als er dann das Kirchgäßli<br />

hinaufschleichen wollte, kam ihm gerade noch der Polizeidiener in die<br />

Quere. „Ja, hör Ferdi", fragte dieser erstaunt, „von wo kumscht denn du<br />

her?" <strong>und</strong> der Ferdi lachte <strong>und</strong> meinte: „Wenn ihr Schnepfe fange<br />

welle, müßt ihr schon andere Käfige bauen". Ein andermal machte ihm<br />

am Sonntagmorgen der Kragen viel Ärger <strong>und</strong> er rief: „Komm Käther,<br />

mach mir doch des Krageknöpfli zu!" Die Käther war aber so schon<br />

nicht gut gelaunt, weil sie sich nur in der Hetze hatte können sonntäglich<br />

zum Kirchgang anziehen. „Ich hab jetzt keine <strong>Zeit</strong> mehr", sagte sie miß-<br />

mutig, „mach nur deinen Kragen selber zu". Da wurde der Färdi aber<br />

zornig <strong>und</strong> brüllte vom Fluch gebannt im hohen C: „So, so, du hast<br />

keine <strong>Zeit</strong> mehr, aber jetzt sag ich dir, wenn ich nicht in die Kirch kann,<br />

kommst du mir auch nicht hinein!" Im Hui riß er ihr das "Krugärtli"<br />

vom Kopf <strong>und</strong> warf es zum Fenster hinaus, wo es auf dem Zwetschgen-<br />

baum hängen blieb. Gekränkt sagte sie zu ihm: „Bist du aber ein böser<br />

Kaib geworden, vor der Hochzeit hast mir nur liebes <strong>und</strong> gutes verspro-<br />

chen". Kaltschnäuzig wie es <strong>seine</strong> Art war, gab er zur Antwort: „Hättest<br />

es nicht geglaubt!".<br />

Über der dürftigen Landwirtschaft suchte der lebendige Mann im Winter<br />

als Holzmacher noch ein wenig dazuzuverdienen. Viel schaute allerdings<br />

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