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Zünderle" und seine Zeit

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Nun war es soweit. Überallhin noch ein letzter Blick <strong>und</strong> das Schloß in<br />

der Haustür schnappte ächzend zu, als wollte es auch noch Adje sagen.<br />

Das erste Mal in <strong>seine</strong>m Leben saß er nun, wie ein kleiner Fürst, in einem<br />

„Blitzzug", wie man diese Züge noch nannte <strong>und</strong> kam aus dem Staunen<br />

nicht mehr heraus. Bequem konnte er vom Fenster aus die Bauersleute<br />

auf den Feldern schaffen sehen. Wie rührselig wirkte das auf sein Gemüt!<br />

Telefondrähte wiegten auf <strong>und</strong> nieder, Dörfer <strong>und</strong> Städte huschten vor-<br />

über <strong>und</strong> das Landschaftsbild schwand im stetigen Wechsel taumelnd in<br />

die Weite. An den Haltestationen hörte er durchdringend die langgezoge-<br />

nen Rufe von draußen — „Wienerwürstle, belegte Brote, Schwarzwälder-<br />

kirsch", — hei', wie splendid es da zugeht, gerade wie im Schlaraffenland!<br />

Überwältigt stand er aber dann mit <strong>seine</strong>n paar Habseligkeiten im turbu-<br />

lenten Karlsruher Bahnhof. Von allen Seiten hin <strong>und</strong> her geschubst, von<br />

allen guten Geistern verlassen, brütete er wahrhaftig vor sich hin <strong>und</strong><br />

dachte wohl: ,,Wäre ich doch lieber daheim geblieben!"<br />

Draußen wartete schon der Schwiegersohn mit den Kindern <strong>und</strong> einem<br />

kuriosen Gefährt auf die Mama <strong>und</strong> den Großvater aus dem Sulz. Begei-<br />

stert war der Empfang. Seine Enkel aber musterten den komischen, frem-<br />

den Mann von allen Seiten <strong>und</strong> es schien erst ungewohnt, ohne Wärme.<br />

Nie zuvor konnten sie einander sehen, immer mangelte es am Geld. Ja,<br />

das Schicksal meint es mitunter nicht so gut mit den Menschen! Desto-<br />

trotz aber wurden sie bald einander vertraulicher. Der Großvater fand<br />

wieder den alten Humor, ließ <strong>seine</strong> schrulligen Späße los, die immer alle<br />

zum Lachen brachten. Immerwieder stürmten die Kinder mit neuen Fra-<br />

gen auf ihn ein — ob es in dem Sulz auch Bären <strong>und</strong> Esel gäbe <strong>und</strong> was<br />

sonst dort noch alles wild herumlaufe.<br />

Die Mutter freute sich über jeden Tag an dem sie sah, daß es dem Vater<br />

bei ihnen immer besser gefalle. Der findige Schausteller dachte aber<br />

schon darüber nach, was man mit dem ulkigen Komödiant alles fürs Ge-<br />

schäft anstellen könnte. Eines schönen Abends, als sie bei einem Gläs-<br />

chen Affentäler traulich beisammen saßen, kam dem Boß wie aus heite-<br />

rem Himmel eine schnurrige, ganz unverfängliche Idee. Spornstreiks<br />

wendete er verschmitzt an den Sulzer Großvater die spaßige Frage, ob er<br />

fürs Geschäft nicht Reklame machen wollte? — „Natürlich, wenn ich bei<br />

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