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Am andern Morgen als er zum weiteren Weg aufbrechen wollte, stand vor<br />
dem großen Tor ein vornehm gekleideter Herr <strong>und</strong> fragte ihn, ob er ihm<br />
nicht die Koffer ins nächste Dorf tragen wollte <strong>und</strong> versprach zugleich<br />
ein gutes Trinkgeld. Nun in der Not frißt der Teufel Fliegen, dachte wohl<br />
der Färdi <strong>und</strong> willigte ein. Auf dem langen Weg führte der feine Herr im-<br />
merwährend wüste, unzüchtige Redensarten, die den noch ganz unverdor-<br />
benen jungen Sulzer anekelten. So kamen sie an einem Wegkreuz vorbei<br />
an dem der Gekreuzigte hing <strong>und</strong> da grinste dieser sonderbare Herr hin<br />
<strong>und</strong> meinte hämisch: „Glaubst du an den da oben?" Am fraglichen Ort<br />
angekommen, wurden die Koffer in einer Wirtschaft abgestellt. Zur Stär-<br />
kung bekam der Träger ein Vesper serviert <strong>und</strong> er solle da dann noch<br />
warten. Nebenbei flüsterte ihm der Wirt gleich in die Ohren, was ein vor-<br />
nehmer Herr das sei. Er reise mit Gebetbücher, Heiligenbilder <strong>und</strong> besu-<br />
che die Pfarrhäuser in der ganzen Gegend. „Oha' so ist das einer'., dach-<br />
te wohl der noch ganz unverbildete Sulzer Bursch <strong>und</strong> machte sich, un-<br />
bekümmert dem versprochenen Lohn, heimlich aus dem Staub. — Ein<br />
frappantes Beispiel, wie die Gescheiten mit den Dummen die Welt unter-<br />
treiben, <strong>und</strong> wenn es keine Dummen mehr gäbe <strong>und</strong> nur noch Gescheite,<br />
wäre der Weltuntergang perfekt!<br />
Frei wie ein Vogel am Himmel zog er nun wieder <strong>seine</strong>r Wege. Fragwürdige<br />
Gesellen gingen aneinander vorbei <strong>und</strong> ums Umsehen gesellte sich ein äl-<br />
terer Mann an <strong>seine</strong> Seite. Heruntergekommen sah der Fremde aus <strong>und</strong><br />
als sich dieser noch als „Fremdenlegionär" entpuppte, bekam es der noch<br />
unerfahrere junge Hambertle fast mit der Angst zu tun. Rührig aber er-<br />
zählte dieser von <strong>seine</strong>m eigenen bewegten Leben, wie die Legionäre in<br />
den heißen Kolonien gedrillt <strong>und</strong> unbarmherzig dieselbe Drangsal erdul-<br />
den müssen gleich den entrechteten Schwarzen. Was habe ich noch zu<br />
erwarten <strong>und</strong> ergeben in sein Schicksal meinte er, zu niemand kann ich<br />
gehen, nirgendwo auf der Welt ist für mich ein Zuhause. So ist mir<br />
nur noch beschieden, als Ausgestoßener der Gesellschaft, von Dorf zu<br />
Dorf bettelnd meine Wege ziehen, bis ich einmal im Straßengraben,<br />
Gottseibeimir, verrecke.<br />
Großes Mitleid empfand er über diesen von Gott <strong>und</strong> aller Welt verlas-<br />
senen einsamen Menschen <strong>und</strong> sonnig erschien ihm wieder das traute<br />
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