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— Bläsiörgs —<br />
Im Oberdorf in der Kollmergaß, an der Ecke wo es hinauf zum Bühl<br />
geht, lebten <strong>und</strong> arbeiteten die Bläsiörgs <strong>und</strong> betrieben mit den Kindern<br />
ohne Magd <strong>und</strong> Knecht eine ansehnliche Landwirtschaft. Breit <strong>und</strong> ge-<br />
räumig war der Hof an den sich der Stier- <strong>und</strong> Kuhstall mit der riesen-<br />
großen Scheuer anschloß <strong>und</strong> gleich daneben der Ochsenstall. Hinter den<br />
Gebäulichkeiten dehnte sich der weite Gras- <strong>und</strong> Obstgarten bis hinunter<br />
zum Augraben. Der Bläsiörg war noch ein Bauer von altem Schrot <strong>und</strong><br />
Korn <strong>und</strong> noch dazu ein begabter, erfinderischer Geist. Die Leitern <strong>und</strong><br />
Wagen mit den Rädern <strong>und</strong> was sonst zum Hof gehörte, alles werkelte<br />
er selber <strong>und</strong> galt überall im Dorf als ein geschickter Mann. Pechschwarz<br />
war sein Haupt- <strong>und</strong> Backenhaar <strong>und</strong> in <strong>seine</strong>r ganzen Art glich er einem<br />
ruhigen, besonnenen Menschen, derb aber wahr, echt <strong>und</strong> recht. Aber wü-<br />
tend wie der Teufel konnte er doch werden, wenn wir Buewe ihm etwas von<br />
<strong>seine</strong>m Handwerkzeug verschleiften. An Sonntagen durfte der Johannle,<br />
s' Krummholze Paul, <strong>und</strong> ich als Kamerad mit in den Wald gehen, wo er<br />
uns lehrte die Steine, Sträucher <strong>und</strong> Bäume kennenzulernen, die am Weg<br />
lagen <strong>und</strong> standen. Beim Anblick riesiger Felsblöcke konnte er uns leben-<br />
dig erzählen, daß sie schon seit urfürdenklichen <strong>Zeit</strong>en Geschlechter vor-<br />
beikommen <strong>und</strong> gehen sahen <strong>und</strong> wenn sie reden könnten, verklungene<br />
Geschehnisse offenbaren. Alle Leute gingen gerne in den Wald, da war<br />
friedliche Stille <strong>und</strong> Erholung von den Plagen des werktäglichen Le-<br />
bens. Setzten wir uns an Weidengehölz nieder, langte er nach <strong>seine</strong>m<br />
geliebten ,,Hirschfänger" <strong>und</strong> zeigte uns, wie man aus der saftigen Rinde<br />
Pfeifen <strong>und</strong> Blashörner macht <strong>und</strong> wir waren glückselig <strong>und</strong> frohgelaunt<br />
dabei.<br />
Die Seraphin war dem Vater Jörg <strong>seine</strong> zweite Frau. Die erste starb ihm<br />
früh hinweg <strong>und</strong> hinterließ ihm drei Kinder, die Luis, den Georg <strong>und</strong> die<br />
Berta. Der Seraphine gebahr ihm noch drei hinzu, die den Namen Sepp,<br />
Philippin <strong>und</strong> Johann trugen.<br />
Bei den Bläsiörgs war immer viel Umtrieb. Abends kamen die Bauern<br />
<strong>und</strong> brachten ihre Kühe zum „Springen". Für uns Buewe war das aus<br />
dem Versteck heraus immer ein erregendes Schauspiel. Da war auch noch<br />
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