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Wenn dann allabendlich der „Adölfi" <strong>seine</strong> Schalmeien zum Bühneladen<br />
hinaustrompetete, spöttelten Nachbarsleute, die sich ohnehin schon den<br />
ganzen Tag mit mühevoller Arbeit abgerackert hatten <strong>und</strong> am Feier-<br />
abend noch gerne ein halbes Stündle Ruhe vor der Haustür genießen<br />
wollten; „Hädrig, Hädrig, sini Geiß het nichts z'fresse als Gällruewekrut<br />
<strong>und</strong> Hädrig". Ja, so war es noch; man saß abends noch eine Weile vor<br />
dem Haus, andere liefen vorbei, sagten sich guete Owe oder blieben stehn<br />
<strong>und</strong> redeten was so überallherum passiert sei.<br />
Flüchtig aber ist die <strong>Zeit</strong>. An die Stelle der ehrbaren Seiltänzer <strong>und</strong><br />
Schausteller, die mit Bären <strong>und</strong> Affen im Land herumzogen, trat der<br />
Bildschirm in Erscheinung <strong>und</strong> modelte den Hans <strong>und</strong> die Gretel zum<br />
willenlosen Subjekt. Sollte doch der Mensch von <strong>seine</strong>r nervigen Schaf-<br />
fenszeit am Feierabend ein bißchen Ruhe <strong>und</strong> Erholung haben, lärmt<br />
ihm der Zauberkasten Jahr <strong>und</strong> Tag das einfältige „Nochweißer" in die<br />
Ohren. Ja, immer noch weißer <strong>und</strong> diesen skurilen Schmarren hat der<br />
Hörige obendrein noch zu bezahlen.<br />
Entrüstet darüber, wie werden wohl unsere seligen Großmütter ihren<br />
Himmelsvater anbrummein wegen der Störung des Gleichgewichts der<br />
irdischen ,,Grönhörner", die ihren Nachfahrn immerdar <strong>und</strong> aufdring-<br />
lich allabendlich mit Vernebelungstheorie noch weißere „Blüten" auf-<br />
schwätzen. Nichts aber davon verlauten lassen, daß die Altvorderen mit<br />
der grauen Holzasche ihre Bettlaken noch weißer brachten <strong>und</strong> ohne<br />
Arzneitäfelchen die Nacht ohne Getöse ruhig verschlafen konnten.<br />
Die kranken Gängster- <strong>und</strong> Revolvergeschichten aus dem freien Gottes-<br />
land mit den mondänen High-Society-Banketten vernebeln noch voll-<br />
ends den ges<strong>und</strong>en Menschenverstand. Volksstücke, Gesang <strong>und</strong> was<br />
sonst noch alles besinnlich <strong>und</strong> lehrreich zur Fortentwicklung wäre,<br />
stehen hinten nach. Manchmal überlege ich geradezu im baren Ernst,<br />
ob ich denn alleine so eine Krämerseele sei, die diese ominöse Gaukelei<br />
nicht verstehen will, oder hängt dieser überdrehte Rummel letztlich an-<br />
deren Leuten nicht auch schon lange <strong>Zeit</strong> zum Hals heraus!?<br />
Gar vieles wurde über diese Musikbrüder geredet <strong>und</strong> getuschelt. Man<br />
darf nur an die <strong>Zeit</strong>umstände denken mit denen es die Menschen noch zu<br />
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