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Zünderle" und seine Zeit

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üsch, Fasanen schäkerten von den Nußbäumen her ihre schrillen Schreie<br />

durch die stille Nacht. Die Turmuhr schlug die zehnte St<strong>und</strong>e. Da unten<br />

lag nun das Dorf, nach dem er sich so schmerzlich sehnte. Kein Licht war<br />

nirgenswo mehr zu sehen. Die Leute gehen alle, um das Erdöl zu sparen,<br />

mit den Hühnern schlafen. Nur die paar Gassenlatemen blinzelten<br />

schwach zu ihm herauf <strong>und</strong> er dachte wohl, daß ihn jetzt niemand mehr<br />

sehen werde. Bedächtig stapfte er die „Schlichti" hinunter, schnellte<br />

über den Augraben ans „Draiherkarlis" Krämerladen vorbei <strong>und</strong> da<br />

stand er nun im stillen Kirchegäßli vor dem Vaterhaus. Die Haustür war<br />

schon verriegelt <strong>und</strong> so legte er sich über dem Stall müde aufs Stroh nie-<br />

der, wo er alsbald selig einschlummerte. Hellwach wurde er am frühen<br />

Morgen als er hörte, wie die „Fabrikler" auf den genagelten Schuhen das<br />

Gäßle hinunter marschierten. Gleich auch rumorte der Vater in dem<br />

Futtergang <strong>und</strong> die Mutter lärmte im Stall mit dem Melkeimer bei den<br />

Kühen.<br />

Als es unten wieder ruhig wurde, fingen die Glocken zur Frühmesse an zu<br />

läuten <strong>und</strong> wie ein richtiger Nichtsnutz schlich er hinüber ins Haus. Vol-<br />

ler Bangen horchte er wie ein Häflismacher an der Küchentür <strong>und</strong> schlug<br />

sie entschlossen auf. Da saßen sie, die zwei Leute gerade beim Kaffeetrin-<br />

ken, der Vater traute den Augen nicht <strong>und</strong> der Mutter fiel fast vor<br />

Schreck die große r<strong>und</strong>e Kaffeeschüssel aus der Hand. Wie ein armer Sün-<br />

der stand der Wandergeselle unter dem Türrahmen <strong>und</strong> konnte nichts sa-<br />

gen, nicht einmal guten Morgen. Die Mutter brachte vor lauter Glückse-<br />

ligkeit auch kein Wort von den Lippen, umarmte den verloren gegange-<br />

nen Sohn <strong>und</strong> schluchzte zum Gotterbarmen, so daß auch der Vater<br />

noch weich wurde <strong>und</strong> nasse Augen bekam.<br />

Nun ging alles wieder <strong>seine</strong>n alten Gang. Zufrieden ging der Färdi wieder<br />

mit aufs Feld, im Wald arbeitete der kräftig gewordene Bursche wie ein<br />

Berserker, schleppten zwei an einem Ende, trug er allein das andere.<br />

Eines Tages holte ihn der „Hahnenestler" in die Fabrik <strong>und</strong> machte ihn<br />

zum Dreher, — da gab es noch keine lange Lernerei! Als die Maschine zu<br />

wackeln anfing, legte er sich glatt auf den Boden um eine Schraube anzu-<br />

ziehen. Geschwollen briälte er zum Kollegen hinauf: „Gang, lang mr<br />

sell'r Angländer her" — (eng. verstellbarer Schlüssel) —. Gar schnell waren<br />

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