Lutetia Stubbs - Matthias Czarnetzki
Lutetia Stubbs - Matthias Czarnetzki
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≫Hübsch ist nicht der richtige Ausdruck≪, stellte Bellington<br />
fest. ≫Es ist außergewöhnlich! Es wurde aus einem<br />
einzigen Stück Holz geschnitzt. Es zeigt unseren Herrn<br />
mit... Das ist kein Götze! Das ist ein Bild des Erlösers!≪<br />
≫Und?≪<br />
≫Das ist ein Unterschied! Der Unterschied ist... naja, das<br />
ist... eben...≪ Aber in der Kirche war niemand mehr. Nur<br />
noch ein grübelnder Bellington.<br />
Brenda liebte die allegorische Bedeutung von Afrika. Die<br />
weiten, baumlosen Savannen, in deren hohen Gras sich<br />
Jäger und Gejagte verstecken um sich schließlich eine<br />
gnadenlose Jagd auf Leben und Tod zu liefern. Sie war die<br />
Jägerin im geheimnisvollen Zwielicht des Abendrots, die<br />
sich an ihre ahnungslose Beute anpirschte, die Löwin, die<br />
Gepardin, geschmeidig, kraftvoll und unglaublich schön.<br />
Sie würde blitzschnell und gnadenlos zuschlagen, ihrem<br />
Opfer keine Chance lassen und den Moment genießen, da<br />
sein Körper sich hilflos unter ihr winden und zucken würde.<br />
Sie war die Königin der Savanne, die Femme Fatale! Der<br />
Staubwedel trübte das glänzende Bild, aber es war ein<br />
notwendiges Stück Tarnung. Sie hatte sich mit seiner Hilfe<br />
durch die ganze Burg gearbeitet, jeden Winkel ausgespäht,<br />
sich ihre Gedanken gemacht und die Bewohner beobachtet,<br />
bevor sie sich Harold näherte. Nicht, dass er wirklich<br />
eine Chance hätte - Brenda hatte jahrzehntelang geübt,<br />
wie man einen Mann mit den Waffen einer Frau besiegt<br />
und nun hatte sie zum ersten Mal die Gelegenheit, alles<br />
anzuwenden, ohne dass ihr Opfer die Option auf Flucht<br />
hatte. Sie fächelte mit dem Staubwedel über einige Flächen<br />
und pirschte sich näher an den Schreibtisch heran. Harold<br />
war in seine Papiere vertieft und sah nicht auf. Mit einem<br />
finalen Wedler fegte Brenda zwei oder drei Staubkörnchen<br />
vom Schreibtisch und setzte sich in einer Pose darauf,<br />
der ihre Kurven - zumindest die wenigen, die sie hatte<br />
- vorteilhaft zur Geltung brachte. Mit einem unwilligen<br />
Grunzen schaute Harold auf. Das war ihr Moment! Seine<br />
strahlend blauen Augen trafen ihren tiefen, verführerischen<br />
Blick, wurden gefesselt, machten es ihm unmöglich, sich<br />
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