Lutetia Stubbs - Matthias Czarnetzki
Lutetia Stubbs - Matthias Czarnetzki
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der Küche. Barbara zuckte mit den mageren Schultern.<br />
≫In einem Nest wie diesem gilt erst die dritte Generation<br />
als eingebürgert.≪<br />
≫Mir gefällt es hier≪, erwiderte <strong>Lutetia</strong>. Die Alten<br />
spielten mit ihr. Sie hatte zwar nichts dagegen, Spiele<br />
zu spielen, aber sie hasste es, der Spielball zu sein. Ihre<br />
Neugier ließ langsam nach und machte ihrem Zorn Platz.<br />
≫Borough ist ein idyllisches Plätzchen.≪<br />
≫Es hat auch seine gefährlichen Seiten.≪<br />
≫Unebenes Straßenpflaster≪, sagte Inga, die aus der<br />
Küche mit einem Teetablett zurückgekehrt war. ≫Man<br />
kann stürzen und sich die Beine brechen.≪<br />
≫Oder den Hals. So was passiert meist cleveren<br />
Mädchen.≪<br />
≫Und Jungen. Borough hat seine Tücken. Besonders die<br />
Burg. Worüber man da alles stolpern kann...≪ Langsam<br />
bekam <strong>Lutetia</strong> eine bestimmte Vorstellung. Sie formulierte<br />
eine Erwiderung, die vorsichtig genug war.<br />
≫Über Leichen?≪ fragte sie.<br />
≫Ich hab dir gesagt, sie ist ein cleveres Mädchen.≪<br />
≫Tatsächlich, das ist sie. Einen Tee, Missy?≪<br />
≫Hattest du keine Angst über eine Leiche zu stolpern?≪<br />
<strong>Lutetia</strong> hob nur die Schultern.<br />
≫Es war nicht meine eigene.≪<br />
≫Kann es aber schnell sein.≪ Barbara hatte eine Tasse<br />
mit Tee gefüllt und <strong>Lutetia</strong> in die Hand gedrückt.<br />
≫Trink Tee, das beruhigt.≪ Die beiden Damen setzten<br />
sich <strong>Lutetia</strong> gegenüber. Obwohl sie immer damit<br />
beschäftigt schienen, sich gegenseitig aufzuziehen, kleine<br />
Handreichungen zu machen oder Tee zu trinken, spürte<br />
<strong>Lutetia</strong>, das sie genau beobachtet wurde. Oder taxiert -<br />
das traf es besser. <strong>Lutetia</strong> nutzte die Zeit, sich in dem<br />
Zimmer umzusehen. Die Beiden hatten sich im Laufe ihres<br />
Lebens alles unter den Nagel gerissen, was alt und wertvoll<br />
aussah - ohne Rücksicht auf Stil, Epoche oder auch nur<br />
Farbe zu nehmen. Den Boden bedeckte ein handgeknüpfter<br />
Perserteppich; ein Sakrileg bei dem Parkett, das an einigen<br />
Stellen sichtbar war. Eine wuchtige Biedermeierkommode<br />
blockierte ein Drittel des Raumes, war mit unzähligen<br />
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