Lutetia Stubbs - Matthias Czarnetzki

nach dem dritten Sangriaeimer von sich gab.
≫Ich muss auf meine Figur achten.≪ Brenda hatte herausgefunden,
dass mit gewissen Standardsätzen jede weitere
Diskussion verhindert werden konnte - vorausgesetzt, der
Gegenüber war ein Mann. Sie fühlte sich wie ein Schmetterling
auf einer Stecknadel; aufgespießt von Lutetias
Blicken. Auch das war nicht appetitanregend. Der Sturm
würde nach dem Essen hereinbrechen. ≫Bibliothek≪, war
Lutetias einziges Wort gewesen. Brenda atmete tief durch,
bevor sie ihr folgte.
Lutetia hatte sich in den großen Lehnsessel gesetzt. Seltsamerweise
waren alle anderen Sitzmöbel aus dem Zimmer
verschwunden. Brenda stand vor der fleischgewordenen
Inquisition. Lutetia hatte die Fingerspitzen aneinandergepresst
und starrte Brenda an. Brenda schloss vorsichtig die
Tür hinter sich. Noch bevor sie sich herumgedreht hatte,
begann sie mit ihrer Verteidigung.
≫Das heute Nachmittag - es war nicht das, wonach es
aussah. Wirklich! Du darfst dir nichts Schlechtes dabei
denken.≪
≫Ich mag es nicht, wenn mir jemand sagt, was ich denken
soll oder nicht. Was ist Loyalität?≪ Wenn sie wütend war,
dann verriet Lutetias Stimme das mit keiner Silbe.
≫Redlichkeit. Treue eines Untertanen gegenüber der
Obrigkeit≪, antwortete Brenda automatisch. Das kommt
davon, wenn man zum Zeitvertreib Fremdwörterbücher
auswendig lernt.
≫Korrekt. Der Untertan ist Brenda Stetson. Wer ist die
Obrigkeit?≪
≫Ich verstehe nicht...≪
≫Wer ist die Obrigkeit, der Brenda Stetson gegenüber loyal
ist?≪ Die Kälte in Lutetias Stimme war unüberhörbar.
≫Ich... Das ist doch klar!≪ schaffte Brenda zu sagen.
≫Wirklich?≪ Lutetias Starren war direkt auf Brendas
Gesicht gerichtet und endete fünf Zentimeter hinter ihren
Augen. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie das
Gefühl, das jemand direkt in ihren Kopf sehen konnte.
≫Das ist doch offensichtlich... Ich meine...≪
≫Chaotisch. Nicht ganz korrekt, was die Steuern angeht,
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