Lutetia Stubbs - Matthias Czarnetzki

Wahrscheinlich war es gleichzeitig seine Autogrammkarte.
Steven Dagger hatte sich den Ruf eines verwegenen
Abenteurers geschaffen und war bemüht gewesen, ihn zu
pflegen. Auf dem Bild trug er Fliegerjacke und Jeans, den
Schal betont nachlässig um den Hals gewickelt und die
Sonnenbrille in die Stirn geschoben. Seine Zähne blitzten
aus dem gebräunten Gesicht heraus und konkurrierten
mit dem Chrom des Motorrads, an das er sich lehnte.
Die Polizeiakte von Dagger war ebenfalls verschwunden,
aber damit hatte Wilson schon gerechnet. Dann war ihm
eingefallen, dass die Borough Times eine Personalakte
haben könnte.
Der leitende Redakteur hatte nur mit den Schultern
gezuckt, als Wilson ihn um Auskünfte über Dagger bat.
Personalakten waren vertraulich, aber wenn man in diesem
Kaff etwas halbwegs Neues berichten wollte, war ein guter
Draht zur Polizei lebensnotwendig.
≫Wahrscheinlich sind seine Abrechnungen noch da. Die
von der Buchhaltung schmeißen nie was weg. Damit hätten
sie alles, was er je geschrieben hat. Und alles was hier
irgendeiner über Dagger weiß.≪ Dagger war seit dreißig
Jahren tot und der Chefredakteur selbst seit kaum mehr
als zwei Jahren hier. Damals hatte ihn das dreifache Gehalt
gegenüber seinem Job bei einem Anzeigenblatt gereizt.
Aber mittlerweile hatte ihn dieselbe Lethargie ergriffen, die
alle in einem Ort ergriff, in dem absolut nichts passierte. Er
gab Wilson die Unterlagen und den Hinweis, seinen Namen
rauszuhalten. Daggers Abrechnungen waren vollständig
- und er hatte jeden einzelnen Artikel mit ausführlichen
Kommentaren angereichert. Die meisten Zusätze wiesen
auf die extrem schwierige, gefährliche und umfangreiche
Recherche hin und sollten seine abenteuerlichen Spesen
rechtfertigen. Wilson hatte dem Chefredakteur zugenickt
und zu lesen begonnen.
Dagger war Reporter bei der Times 28 . Der Titel klang
bedeutend und war der Grund, weshalb Dagger den Job
28 Er unterschlug Borough, wenn er sich vorstellte. Die meisten Leute
hatten sowieso keine Zeit für Details.
148