Frieden im Fokus - Ziviler Friedensdienst
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aufbau- und Entwicklungsprojekte langfristig selbst in die<br />
Hand zu nehmen.<br />
Inzwischen arbeitet UN-Habitat mit rund 3000 Gemeinden<br />
in neun Provinzen – auch <strong>im</strong> Süden des Landes,<br />
wo aufgrund der angespannten Sicherheitslage kaum internationale<br />
Hilfe präsent ist. „Die Organisation bildet so genannte<br />
Distrikt-Trainer und lokale Organisatoren aus, die<br />
in die Dörfer fahren, die Bedürfnisse der Menschen erfragen<br />
und die Wahlen für die örtlichen Dorfentwicklungsräte<br />
organisieren“, erklärt Katja Richter das Prozedere. „Welche<br />
Projekte realisiert werden, entscheiden die Räte. Die UN-<br />
Habitat-Mitarbeiter helfen dann bei der Projektplanung,<br />
aber verantwortlich bleiben letztendlich die Gemeinden.“<br />
Dass dieser Prozess nicht <strong>im</strong>mer reibungslos abläuft, ist<br />
kaum verwunderlich. Schließlich muss entschieden werden,<br />
was <strong>im</strong> Dorf am nötigsten gebraucht wird. Und da gehen<br />
die Meinungen oft auseinander: Während der Eine zum<br />
Beispiel eine Straße bauen möchte, hätte der Andere vielleicht<br />
lieber eine Schule oder einen Staudamm oder auch<br />
einen Generator, damit es wenigstens eine Stunde täglich<br />
Strom gibt. Auch bei den Wahlen selbst kann es Unmut<br />
geben, so etwa, wenn Mitglieder der traditionellen Shura<br />
nicht in den Entwicklungsrat gewählt werden. Die Shura<br />
ist ein Ältestenrat, der sich aus angesehenen Personen des<br />
Dorfes zusammensetzt, aber keine demokratische Legit<strong>im</strong>ation<br />
hat. „Meistens werden die Personen der früheren<br />
Shura aber auch in die Dorfvertretung gewählt“, sagt Katja<br />
Richter, „was gut ist, weil auf diese Weise möglichst viele,<br />
und zwar auch traditionelle Kräfte in den Prozess integriert<br />
werden. Auch Mullahs werden in die Räte gewählt.“ Doch<br />
<strong>im</strong> Dickicht des dörflichen Konfliktpotenzials gibt es noch<br />
anderes Gefahrengut. Das können zum Beispiel Streitereien<br />
um die Wasserverteilung sein oder auch Querelen um Land,<br />
das während der Kriegswirren gleich mehrmals den Besitzer<br />
gewechselt hat. Ein Grund mehr, warum die Distrikt-Trainer<br />
und Organisatoren von UN-Habitat – alles Afghanen<br />
übrigens, die vor Ort arbeiten und leben – auf solche Situationen<br />
vorbereitet sein müssen. Hier wird Katja Richters<br />
Arbeit ansetzen: Nach Nouruz, dem afghanischen Neujahresfest<br />
am 21. März, wird sie für die Distrikt-Trainer und<br />
Organisatoren von UN-Habitat in den Provinzen die ersten<br />
Workshops zur Mediation und Konflikttransformation abhalten.<br />
Und die versprechen, für alle Beteiligten ziemlich<br />
interessant zu werden.<br />
Keine halben Sachen<br />
Mit einer ordentlichen Portion Kreativität hat Katja Richter<br />
in den letzten Monaten fleißig an Workshopmaterial gearbeitet,<br />
das zwar „westliche Konzepte“ vorstellt, dabei vor allem<br />
aber Raum für Diskussionen lässt. Hier das rechte Maß zu<br />
finden, erfordert einiges an kultureller Sensibilität und die<br />
Abkehr von der Vorstellung, dass die eigenen (Denk-)Modelle<br />
auch für die Afghanen die einzig wahren sind. „Das<br />
wird schon alleine dadurch klar, dass sich ein Begriff wie<br />
„Mediation“ gar nicht mit einem Wort in Dari oder Paschtu<br />
übersetzen lässt“, erklärt Katja Richter. „Die Workshops<br />
sind deshalb eher wie Diskussionsforen geplant. Ich werde<br />
westliche Mediationskonzepte vorstellen und die Teilnehmer<br />
dann auffordern, sie zu diskutieren und zu überlegen, welche<br />
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