Frieden im Fokus - Ziviler Friedensdienst
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Ausbilder ausbilden<br />
Für Kaiser, Nolden und ihre Helfer ist der „Convenio“ mit<br />
dem Cono Sur Bestätigung und Motivation zugleich. Intensiv<br />
setzen sie ihre Bildungsarbeit fort und können schon bald<br />
feststellen, dass die rivalisierenden Gruppen bei gemischten<br />
Veranstaltungen tatsächlich entkrampfter und lockerer miteinander<br />
umgehen. Auch das Netzwerk wird größer. Ende<br />
2004 arbeiten in Begleitung von Gesine Kaiser bereits vierzig<br />
Mapuche-Anführer (dirigentes), die jeweils etwa fünfzig<br />
Familien vertreten, <strong>im</strong> Projekt mit. Und Hans Willi Nolden<br />
ist es inzwischen gelungen, neben verschiedenen Führungspersönlichkeiten,<br />
Organisationen und Kirchenvertretern<br />
auch die Landwirte und die Polizei in die Bildungsarbeit<br />
mit einzubinden. Das Projektteam selbst hat zu diesem Zeitpunkt<br />
übrigens noch Verstärkung bekommen: Ein weiterer<br />
einhe<strong>im</strong>ischer Kollege und eine temporäre Nachwuchskraft<br />
helfen, den wachsenden Berg an täglichen Aufgaben zu koordinieren.<br />
Ein großer Erfolg ist die Zusammenarbeit mit der staatlichen<br />
Indígenabehörde Corporación Nacional de Desarrollo<br />
Indígena (CONADI), die von Mapuche- und Regierungsvertretern<br />
geleitet wird und überregional tätig ist, womit<br />
das Projekt schließlich auch über die Grenzen des Cono Sur<br />
hinaus Gehör findet. Schon bald finden unter Noldens Anleitung<br />
für die CONADI-Mitarbeiter regelmäßig Schulungen<br />
und Fortbildungen zur Mediation und Konfliktbearbeitung<br />
statt. Außerdem hilft das Team, bei der Behörde ein Dokumentationszentrum<br />
einzurichten, das die Beobachtung der<br />
Landkonflikte und ein Eingreifen erlaubt, bevor sie in einer<br />
Gewaltspirale eskalieren. Für die Nachhaltigkeit des Projekts<br />
ist die Arbeit mit solchen Multiplikatoren ganz entscheidend<br />
– schließlich sollen die Ausgebildeten mit den erlernten<br />
Instrumenten künftig eigenständig weiterarbeiten. „Unser<br />
Ziel ist es jetzt, die Fähigkeiten der Akteure, Konflikte in<br />
einer gewaltlosen Art und Weise zu bearbeiten, zu stärken“,<br />
erklärt Gesine Kaiser. „Die ausgebildeten Mediatoren sollen<br />
dann wiederum, als Ansprechpartner für die jeweilige Gruppe,<br />
die Konfliktbearbeitung und den Dialog fördern.“<br />
Die Chancen, dass dieses Konzept aufgeht, wenn das<br />
Projekt <strong>im</strong> Oktober 2006 beendet wird, stehen gut. Auch<br />
wenn <strong>im</strong> Cono Sur nicht alles so friedlich und harmonisch<br />
ist, wie man meinen mag. „In einer romantischen deutschen<br />
Vorstellung sitzen nachher alle Akteure an einem Tisch, unterhalten<br />
sich und finden Lösungen“, lacht Nolden. „Das ist<br />
aber eine Illusion. Was wir erreichen können, ist, den einzelnen<br />
Akteuren die Idee zu vermitteln, dass es sich hier um<br />
Konflikte handelt, die auch positive Perspektiven haben.“<br />
Das ist dem Team in den fünf Jahren seines Wirkens in<br />
BioBio definitiv gelungen. Mit viel Geduld und Sensibilität<br />
haben Gesine Kaiser und Hans Willi Nolden es tatsächlich<br />
geschafft, Vorurteile abzubauen und mit allen Beteiligten<br />
– mit den Mapuche genauso wie mit den Vertretern<br />
aus Gesellschaft, Staat und Wirtschaft – konkrete Ansätze<br />
zu entwickeln, die es ihnen erlauben, ihre Zukunft gemeinsam<br />
zu gestalten. Sie haben informiert, Netzwerke geknüpft<br />
und aufgeklärt. Vor allem aber haben sie versucht, die Standpunkte<br />
aller Seiten zu verstehen und sich nicht von einer Seite<br />
vereinnahmen zu lassen. Und genau hier liegt der Schlüssel<br />
zum Erfolg, wenn es darum geht, Vorurteile zu bekämpfen.<br />
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