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Frieden im Fokus - Ziviler Friedensdienst

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esteht deshalb darin, die Barangays bei der friedlichen Lösung<br />

ihrer Konflikte zu unterstützen, durch Rechtsberatung<br />

und Hilfe be<strong>im</strong> Erwerb offizieller Landtitel etwa, aber auch<br />

durch direkte Vermittlung und Konfliktmanagement. „Hier<br />

kann Balay Mindanaw wirklich einiges leisten, zumal das<br />

Team schon seit mehreren Jahren vor Ort arbeitet und das<br />

Vertrauen der Ureinwohner hat“, sagt Annette Braun. „Ich<br />

habe schon erlebt, dass bei den Higaonon benachbarte Clans<br />

jahrelang verfeindet waren, was die Handlungsfähigkeit der<br />

Gruppe natürlich erheblich beeinträchtigte. Als dann aber<br />

mit Balay Mindanaw ein neutraler Vermittler auftrat, der<br />

ein konkretes Anliegen hatte, das einen einheitlichen Beschluss<br />

der Gemeinde voraussetzte, unterzogen sich die Familien<br />

einer Zeremonie, die ihre Feindschaft beendete. Auch<br />

Streitigkeiten darüber, an welchem Fluss oder an welchem<br />

Waldrand die Ahnen die Grenzen zwischen zwei Gebieten<br />

gezogen haben, konnten schon auf ähnliche Weise gelöst<br />

werden.“<br />

Bei den Begriffen „Zeremonie“ und „Ahnen“ kommen<br />

mir unweigerlich blutige Voodoo-Rituale in den Sinn, was<br />

mir nicht nur mein eigenes Klischeedenken vor Augen führt,<br />

sondern mich auch ein wenig verwirrt, denn ich habe gelesen,<br />

dass die Lumads inzwischen weitgehend christianisiert sind.<br />

„Das ist auch so“, klärt Annette Braun mich auf, „allerdings<br />

nur oberflächlich. Kratzt man ein wenig an der Oberfläche,<br />

dann kommt ein sehr verwurzelter An<strong>im</strong>ismus zum Vorschein<br />

– man glaubt an Hexen und man geht nachts nicht in<br />

den Wald, weil man die Geister nicht stören will. Trotzdem<br />

hängt <strong>im</strong> Stammeshaus einer Higaonon-Gemeinde oft auch<br />

ein Christusbild.“ Ich finde das sehr spannend und möchte<br />

wissen, ob sie selbst auch schon Erfahrungen mit solchen Higaonon-Bräuchen<br />

gemacht hat. Hat sie, denn sie arbeitet regelmäßig<br />

in drei Barangays der Kommune Claveria, wo neben<br />

christlichen Siedlern auch viele Higaonon-Lumads leben.<br />

Wer mit ihnen langfristig arbeiten möchte, muss erst das<br />

Wohlwollen ihrer Ahnen erlangen. Und das geschieht, wie ich<br />

staunend erfahre, in einem mehrstündigen Ritual, bei dem<br />

tatsächlich Blut fließt, dem so genannten „Singampo“: Zwei<br />

Hühner und ein Schwein werden geschlachtet, ihr Blut wird<br />

vermischt und mit einer Feder auf die Hand gestrichen, während<br />

die „Datus“, die Stammeshäuptlinge, einen Sprechgesang<br />

(Dasang) anheben, um die Ahnen um Unterstützung für<br />

eine produktive und harmonische Zusammenarbeit zu bitten.<br />

Umgekehrt wird der Neuling aufgefordert, in seinem Glauben<br />

zu beten, man isst von dem geschlachteten Huhn und wiederholt<br />

st<strong>im</strong>men die Datus den Dasang an. Was auf mich höchst<br />

befremdlich wirkt, ist für Annette Braun inzwischen fast Normalität<br />

geworden: Dre<strong>im</strong>al hat sie an dieser Zeremonie bereits<br />

teilgenommen und den Ureinwohnern ihren Respekt erwiesen<br />

– nicht einfach, zumal sie eigentlich Vegetarierin ist. Eines<br />

ist sicher: Z<strong>im</strong>perlich ist Annette Braun nicht.<br />

Stammeshaus und Steuererhebung<br />

Mein Eindruck, dass Annette Braun mit vollem Einsatz<br />

bei der Sache ist, bestätigt sich, als sie mir von ihren derzeitigen<br />

Projekten in Claveria erzählt. Hier, etwa eineinhalb<br />

Stunden von Cagayan de Oro, dem Hauptsitz der Organisation<br />

entfernt, verbringt sie die Hälfte ihrer Zeit, entweder<br />

in Gesprächen mit Vertretern der Kommunalverwaltung in<br />

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