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Frieden im Fokus - Ziviler Friedensdienst

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haltiger zu gestalten und neue – und zwar auch grenzübergreifende<br />

– Programme zu entwickeln. Von 2003 bis 2005<br />

waren genau das die Aufgaben von Matthias Wittrock.<br />

Seine Arbeit be<strong>im</strong> CCRR beginnt Matthias Wittrock <strong>im</strong><br />

Frühjahr 2003 kurz nach der Hochphase der zweiten Intifada.<br />

Intensiv arbeitet er zusammen mit seinen neuen Kollegen<br />

an neuem Trainingsmaterial, kümmert sich um die Fortbildung<br />

der freiberuflichen Trainer und hat stets ein Auge<br />

auf die Evaluierung und Verbesserung der Arbeitsabläufe<br />

und Workshops. Eine wichtige Aufgabe des Teams besteht<br />

darin, Instrumente zu entwickeln, mit denen sich Wirkung<br />

und Erfolg der Maßnahmen zuverlässig messen lassen. Wie<br />

werden die Trainings von den Kursteilnehmern beurteilt,<br />

und wie sehen die Verhältnisse an den palästinensischen<br />

Bildungsinstitutionen überhaupt aus? Um das herauszufinden,<br />

hilft Wittrock, Fragebögen und Feedbackformulare zu<br />

entwerfen und an die Schulen zu versenden. Eine Aktion,<br />

die an den Schulen gut ankommt, gleichzeitig aber auch ein<br />

verst<strong>im</strong>mtes Bildungsministerium auf den Plan ruft. „Das<br />

Ministerium hatte die Aktion zunächst als diskreditierende<br />

Evaluierung der eigenen Arbeit missverstanden“, sagt Wittrock.<br />

„In weiteren Gesprächen gelang es dem CCRR aber,<br />

die konstruktive Intention der Fragebögen darzustellen, sodass<br />

das Missverständnis ziemlich schnell aus der Welt geräumt<br />

werden konnte.“ Inzwischen ist das Bildungsministerium<br />

in die Arbeit des CCRR eingebunden – ein weiterer<br />

kleiner Erfolg gegen Gewalt und Aggression. Trotzdem muss<br />

das CCRR-Team bei seiner Arbeit vorsichtig sein, insbesondere<br />

dann, wenn CCRR-Projekte zusammen mit israelischen<br />

Organisationen verwirklicht werden. Denn dass die Organi-<br />

sation trotz der fortbestehenden israelischen Besatzung Beziehungen<br />

zu Israel pflegt, dafür hat bei weitem nicht jeder<br />

in Bethlehem Verständnis.<br />

Gerade <strong>im</strong> Dialog mit der israelischen Seite spielt Wittrock<br />

eine wichtige Rolle, schon alleine deshalb, weil er als<br />

westlicher Europäer (meist) den Checkpoint passieren darf<br />

und so als Grenzgänger zwischen den beiden Seiten fungieren<br />

kann. Kein leichtes Unterfangen: Auch er wird mitunter<br />

zurückgewiesen, muss sogar einmal, <strong>im</strong> Regen stehend, Jacke<br />

und Pullover ausziehen und das Hemd hochkrempeln. Da<br />

ist es nicht <strong>im</strong>mer einfach, die „professionelle Distanz“ zu<br />

wahren.<br />

Wie die meisten Palästinenser in den von Israel besetzten<br />

Gebieten erlebt auch Matthias Wittrock die Israelis hauptsächlich<br />

als Militärs und Polizisten. Die nächtlichen Hausdurchsuchungen,<br />

das laute Heulen der israelischen Jeepmotoren<br />

und das Knattern der Hubschrauber in den frühen<br />

Morgenstunden legen auch seine Nerven blank. Und dann<br />

ist da noch der „allgemeine Knastkoller“, wie er jenes beklemmende<br />

Gefühl beschreibt, das einen be<strong>im</strong> Anblick der<br />

die Stadt erwürgenden Sperranlage beschleicht. „In dieser<br />

Situation mit den einzelnen Menschen solidarisch zu sein<br />

und dabei zwischen den Lagern zu stehen, ist alles andere<br />

als leicht“, sagt er. „Es ist ungemein wichtig, die eigene Rolle<br />

<strong>im</strong> Konflikt <strong>im</strong>mer wieder kritisch zu reflektieren, sonst läuft<br />

man Gefahr, sich mit einer Seite zu identifizieren. Für das<br />

Projekt wäre das fatal.“ Hilfreich bei der kritischen Reflexion<br />

ist für Wittrock vor allem der Austausch mit den anderen<br />

<strong>Frieden</strong>sfachkräften vor Ort. Denn jeder, der <strong>im</strong> Schatten<br />

der Mauer <strong>Frieden</strong>sarbeit leistet, sieht sich irgendwann mit<br />

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