Frieden im Fokus - Ziviler Friedensdienst
Frieden im Fokus - Ziviler Friedensdienst
Frieden im Fokus - Ziviler Friedensdienst
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Das Leben <strong>im</strong> Schatten der Mauer<br />
Hier in Bethlehem best<strong>im</strong>mt der Konflikt mit Israel den Alltag.<br />
Seit dem Ende der zweiten Intifada und dem Bau der<br />
Mauer ist er spürbarer denn je. Denn die Mauer, die Israel<br />
vor palästinensischen Terrorangriffen schützen soll, trennt<br />
nicht nur Israelis und Palästinenser, sondern auch Palästinenser<br />
von Palästinensern, Bauern von ihren Feldern, Arbeiter<br />
von ihren Arbeitsplätzen und Schüler von ihren Schulen.<br />
Wer Arbeit hat, kann sich glücklich schätzen. Und ist dabei<br />
trotzdem ständiger Unsicherheit ausgesetzt. Wachtürme<br />
und Eisentore kontrollieren und best<strong>im</strong>men das Tempo der<br />
Pendler. Am Checkpoint laufen schwer bewaffnete israelische<br />
Soldatentrupps nervös hin und her und überprüfen jeden,<br />
der ein- oder ausreisen will. Ein Schild warnt in englischer,<br />
hebräischer und arabischer Sprache vor „tödlicher Gefahr“.<br />
Der Weg zur Arbeit von zehn Minuten kann Stunden dauern<br />
oder gar komplett abgeriegelt sein. Sporadisch ist in der<br />
Stadt das entfernte Knallen von Schüssen zu hören.<br />
Die permanente Anspannung und das Gefühl, dem<br />
„Feind“ ausgeliefert zu sein, nagen am Selbstwertgefühl<br />
und schlagen um in Wut, Extremismus und Gewalt. Gewalt<br />
nicht nur gegen den politischen Gegner, sondern auch<br />
untereinander, gegen die eigenen Familien, auf der Straße,<br />
unter Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern. Gewalt gehört<br />
in Palästina zum Alltag. Sie ist ein Ventil für die kollektive<br />
Frustration. Über die israelische Besatzung und darüber,<br />
dass das eigene System keinen Schutz bietet, nicht hilft,<br />
nicht funktioniert. Dass in dieser so verfahrenen Situation<br />
psychische Barrieren überwunden und Prozesse der Versöh-<br />
nung zwischen den beiden Völkern in Gang gesetzt werden<br />
können, erscheint nahezu unmöglich. Und doch gibt es in<br />
Palästina Menschen, denen das gelingt. Die in mühevoller<br />
Kleinarbeit und mit viel Feingefühl die Gewaltbereitschaft<br />
<strong>im</strong> Land bekämpfen und Palästinenser und Israelis tatsächlich<br />
an einen Tisch bringen. So wie Matthias Wittrock <strong>im</strong><br />
Team vom CCRR.<br />
Der Weg der kleinen Schritte<br />
Wer zwischen Palästinensern und Israelis Vertrauen aufbauen<br />
will, kann das nur in kleinen Schritten tun. Die Arbeit des<br />
CCRR konzentriert sich deshalb darauf, die Entwicklung<br />
friedlicher Beziehungen innerhalb der palästinensischen Gesellschaft<br />
zu fördern. Denn den Palästinensern zu vermitteln,<br />
dass Konflikte nicht notwendig mit Gewalt gelöst werden<br />
müssen, ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass die<br />
Dialogbereitschaft steigt – untereinander, aber auch <strong>im</strong> Kontakt<br />
mit den Israelis. Um die Grundlagen für ein friedliches<br />
Miteinander zu schaffen, führen die lokalen CCRR-Trainer<br />
an verschiedenen privaten und öffentlichen Schulen für Lehrer,<br />
Jugendliche, Eltern und Erzieher Workshops durch, die<br />
helfen sollen, mit der alltäglich erfahrenen Gewalt besser<br />
umzugehen. Konflikte nicht mit Fäusten oder Waffen, sondern<br />
mit Worten zu lösen. Auf dem Lehrplan stehen professionelle<br />
Verhandlungsstrategien, Methoden der gewaltfreien<br />
Konfliktbearbeitung und allerlei friedenspädagogisches<br />
Handwerkszeug. Das Interesse am Lehrplan ist groß, und die<br />
Resonanzen auf die Schulungen sind gut. Grund genug, die<br />
Arbeit des CCRR-Teams zu verbessern, ihre Wirkung nach-<br />
62 63