Frieden im Fokus - Ziviler Friedensdienst
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drei Gemeinden, den Gemeindeverwaltungen, dem Polizeidirektor<br />
und einigen Holzwirtschaftsunternehmen, aber<br />
natürlich auch bei wichtigen Anführern von Mapuche-Organisationen.<br />
Dass die beiden dabei für alle Beteiligten, also<br />
auch für die Vertreter aus Staat und Wirtschaft ein offenes<br />
Ohr haben, ist für ihre einhe<strong>im</strong>ische Kollegin Gloria Colipi<br />
zunächst ein wenig befremdlich. Colipi gehört der politischen<br />
Indígenabewegung „Identidad Lafkenche“ an und<br />
ist für Nolden und Kaiser eine unverzichtbare Pfadfinderin<br />
<strong>im</strong> Dickicht der „Comunidades“. Ihr Vertrauen in die vermittelnde<br />
Vorgehensweise der beiden Europäer wächst aber<br />
mit der Zeit spürbar. Denn nachdem in Cañete ein Büro<br />
gefunden und eine zweite einhe<strong>im</strong>ische Kollegin sowie ein<br />
ortskundiger Busfahrer eingestellt sind, beginnt die Strategie<br />
der Vermittlung sichtbar Wirkung zu zeigen.<br />
Wie von Zauberhand geht das freilich nicht. Alle <strong>im</strong><br />
Team müssen hart arbeiten: Weitere Kontakte zu Vertretern<br />
der verschiedenen Konfliktparteien wollen geknüpft und<br />
bestehende gefestigt werden, und auch diverse Feldaufenthalte<br />
zur Beratung der Indígena-Gemeinschaften stehen auf<br />
dem Programm – angesichts der desolaten Straßenverhältnisse<br />
ein bisweilen recht abenteuerliches Unterfangen. Die<br />
Veranstaltungen, die das Team mit den Indígenas und den<br />
Gemeindeverwaltungen durchführt, erheben dabei nicht den<br />
Anspruch, die Landkonflikte zu lösen, sondern wollen vielmehr<br />
den Dialog zwischen den verschiedenen Gruppen und<br />
Kulturen in Gang setzen und fördern. „Wir vermitteln Fähigkeiten,<br />
Bearbeitungs- und Verhandlungsstrategien, die einen<br />
breiteren Blick erlauben und Voraussetzung für eine friedliche<br />
Lösung der Landkonflikte sind“, sagt Gesine Kaiser.<br />
Wichtig ist vor allem die Aufklärungsarbeit. Da die Landkonflikte<br />
nicht nur Resultat, sondern in gewissem Maße<br />
auch Ursache für die aufgeladene Atmosphäre zwischen den<br />
Konfliktparteien sind, müssen sie identifiziert, dokumentiert<br />
und analysiert werden. Auch diese Aufgabe geht das Projektteam<br />
mit viel Elan an: Ein freier Kartograf wird mit einer<br />
Studie über die wechselnden Besitz- und Eigentumsverhältnisse<br />
von Indígenaland beauftragt, Gloria Colipi kümmert<br />
sich um eine projekteigene Datenbank und Nolden arbeitet<br />
gemeinsam mit Professor Rodrigo Lillo von der Katholischen<br />
Universität Temuco an einer juristischen und politikwissenschaftlichen<br />
Analyse der Landkonflikte, die 2003 veröffentlicht<br />
wird.<br />
Und schließlich bleiben das außergewöhnliche Engagement<br />
und das stets offene Ohr des Teams für alle vom<br />
Konflikt Betroffenen nicht ohne Wirkung: Im Dezember<br />
2002, nur knapp ein Jahr nach dem Beginn des Projekts,<br />
unterzeichnen die Bürgermeister des Gemeindeverbands<br />
Cono Sur eine Vereinbarung („Convenio“), die die Zusammenarbeit<br />
der Gemeinden mit dem Projektteam offiziell<br />
besiegelt. Die örtliche Presse applaudiert, der Mapuche-<br />
Bürgermeister aus Tirúa, Adolfo Millabur lobt vor allem<br />
die allparteiliche Position des Teams: „Das Gute an diesem<br />
Zusammenschluss ist, dass es sich um eine externe Initiative<br />
handelt, die nicht vom Staat abhängig und daher frei von<br />
Vorurteilen ist.“ Die Kunst des Zuhörens hat sich also bewährt<br />
– ab 2002 ist das Team <strong>im</strong> Cono Sur nicht mehr nur<br />
geduldet, es ist gewollt.<br />
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