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Frieden im Fokus - Ziviler Friedensdienst

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hat die Regierung sich 1993 mit dem Indígenagesetz („Ley<br />

Indígena“) verpflichtet, die Entwicklung der indianischen<br />

Gemeinschaften zu respektieren, zu schützen und zu unterstützen.<br />

Doch die Praxis sieht nach wie vor anders aus: Lastwagen<br />

rumpeln durch die Wälder, die Forstmaschinen der<br />

Konzerne machen die Wege kaputt, ohne sich um die Anwohner<br />

zu scheren, die natürliche Vegetation verschwindet<br />

und Pinien und Eukalyptus trocknen den Boden aus.<br />

Die Mapuche reagieren darauf mit Landbesetzungen,<br />

Behinderungen der Abholzarbeiten und Demonstrationen –<br />

eben mit Mitteln eines Volkes, das die Geschichte zur politischen<br />

Unsichtbarkeit verurteilt hat. Manchmal kommt es<br />

zu Bränden in den Pflanzungen oder zu Sachbeschädigungen<br />

an den Forstmaschinen. Ob dafür <strong>im</strong>mer die Mapuche verantwortlich<br />

sind, ist allerdings fraglich. Denn es besteht ein<br />

großes Interesse, sie öffentlich als Terroristen hinzustellen.<br />

Und das ist nicht schwer: Auch unbegründete Schuldzuweisungen<br />

ziehen mitunter Verhaftungen nach sich. Hintergrund<br />

ist der in Chile weit verbreitete Rassismus gegen<br />

die indigene Bevölkerung. Die Mapuche seien kr<strong>im</strong>inell,<br />

faul und unfähig, so heißt es. Ein Vorurteil, das leider auch<br />

von vielen Mitarbeitern der Gemeindeverwaltungen und der<br />

Polizei geteilt wird und wohl den größten Stolperstein auf<br />

dem Weg zur gegenseitigen Verständigung darstellt. Umso<br />

mehr Geduld und diplomatisches Geschick müssen diejenigen<br />

aufbringen, die helfen sollen, die gefrorenen Meinungen<br />

der streitenden Akteure aufzutauen. In den fünf Jahren ihres<br />

unermüdlichen Engagements vor Ort haben die ZFD-Gesandten<br />

Gesine Kaiser und Hans Willi Nolden eine gehörige<br />

Portion von beidem bewiesen.<br />

Vertrauen gewinnen<br />

Ihre Arbeit in BioBio beginnen die Anthropologin und der<br />

Jurist und Politikwissenschaftler <strong>im</strong> Oktober 2001. Zusammen<br />

mit dem Verband der drei Gemeindeverwaltungen<br />

Contulmo, Cañete und Tirúa, sollen sie hier an der Bearbeitung<br />

der Landkonflikte mitwirken. Ziel dabei ist es zum<br />

einen, den öffentlichen Sektor für die Bedürfnisse der Mapuche-Bevölkerung<br />

zu sensibilisieren, und zum anderen,<br />

die Mapuche-Gemeinschaften darin zu unterstützen, ihre<br />

Forderungen besser zu artikulieren, damit sie bei staatlichen<br />

und privaten Stellen Gehör finden. Leichter gesagt als<br />

getan. Denn abgesehen davon, dass die Fronten <strong>im</strong> Cono<br />

Sur extrem verhärtet sind und der Verband noch über keine<br />

funktionierenden Strukturen verfügt, existiert hier auch ein<br />

hohes Misstrauen gegenüber externen Fremden – und zwar<br />

auf beiden Seiten des Konflikts.<br />

Hans Willi Nolden und Gesine Kaiser müssen also quasi<br />

„ganz unten“ anfangen: Sie müssen erst einmal das Vertrauen<br />

der Beteiligten gewinnen – das der Vertreter von Staat und<br />

Wirtschaft ebenso wie das der Mapuche-Gemeinschaften.<br />

Fingerspitzengefühl heißt hier das Zauberwort. „Die Kunst<br />

dabei ist zuzuhören und nicht gleich mit dem deutschen Zeigefinger<br />

zu kommen“, sagt Nolden. „So ein Vorgehen hat<br />

überhaupt keinen Sinn, wenn es darum geht, Mythen abzubauen,<br />

die es überall in diesem Konflikt gibt.“ Um die Standpunkte<br />

der Konfliktparteien kennen zu lernen und diese umgekehrt<br />

für die eigene Arbeit zu gewinnen, werden Nolden<br />

und Kaiser deshalb erst einmal bei einer ganzen Reihe von<br />

wichtigen Akteuren vorstellig: bei den Bürgermeistern der<br />

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