Siddhartha. Eine indische Dichtung.pdf
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einahe ebenso von Glück durchglänzt, ebenso aus<br />
tausend kleinen Falten leuchtend, ebenso kindlich,<br />
ebenso greisenhaft. Viele Reisende, wenn sie die beiden<br />
Fährmänner sahen, hielten sie für Brüder. Oft saßen<br />
sie am Abend gemeinsam beim Ufer auf dem<br />
Baumstamm, schwiegen und hörten beide dem Wasser<br />
zu, welches für sie kein Wasser war, sondern die<br />
Stimme des Lebens, die Stimme des Seienden, des<br />
ewig Werdenden. Und es geschah zuweilen, daß beide<br />
beim Anhören des Flusses an dieselben Dinge dachten,<br />
an ein Gespräch von vorgestern, an einen ihrer Reisenden,<br />
dessen Gesicht und Schicksal sie beschäftigte,<br />
an den Tod, an ihre Kindheit, und daß sie beide im<br />
selben Augenblick, wenn der Fluß ihnen etwas Gutes<br />
gesagt hatte, einander anblickten, beide genau dasselbe<br />
denkend, beide beglückt über dieselbe Antwort auf<br />
dieselbe Frage.<br />
Es ging von der Fähre und von den beiden Fährleuten<br />
etwas aus, das manche von den Reisenden spürten.<br />
Es geschah zuweilen, daß ein Reisender, nachdem er in<br />
das Gesicht eines der Fährmänner geblickt hatte, sein<br />
Leben zu erzählen begann, Leid erzählte, Böses bekannte,<br />
Trost und Rat erbat. Es geschah zuweilen, daß<br />
einer um Erlaubnis bat, einen Abend bei ihnen zu<br />
verweilen, um dem Flusse zuzuhören. Es geschah auch,<br />
daß Neugierige kamen, welchen erzählt worden war,<br />
an dieser Fähre lebten zwei Weise oder Zauberer oder<br />
Heilige. Die Neugierigen stellten viele Fragen, aber sie<br />
bekamen keine Antworten, und sie fanden weder Zauberer<br />
noch Weise, sie fanden nur zwei alte freundliche<br />
Männlein, welche stumm zu sein und etwas sonderbar<br />
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