Siddhartha. Eine indische Dichtung.pdf
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fand, daß er den alten Vasudeva nun so sehe, wie das<br />
Volk die Götter sieht, und daß dies nicht von Dauer<br />
sein könne; er begann im Herzen von Vasudeva Abschied<br />
zu nehmen. Dabei sprach er immerfort.<br />
Als er zu Ende gesprochen hatte, richtete Vasudeva<br />
seinen freundlichen, etwas schwach gewordenen Blick<br />
auf ihn, sprach nicht, strahlte ihm schweigend Liebe<br />
und Heiterkeit entgegen, Verständnis und Wissen. Er<br />
nahm <strong>Siddhartha</strong>s Hand, führte ihn zum Sitz am Ufer,<br />
setzte sich mit ihm nieder, lächelte dem Flusse zu.<br />
»Du hast ihn lachen hören«, sagte er. »Aber du hast<br />
nicht alles gehört. Laß uns lauschen, du wirst mehr<br />
hören.«<br />
Sie lauschten. Sanft klang der vielstimmige Gesang<br />
des Flusses. <strong>Siddhartha</strong> schaute ins Wasser, und im<br />
ziehenden Wasser erschienen ihm Bilder: sein Vater<br />
erschien, einsam, um den Sohn trauernd, er selbst erschien,<br />
einsam, auch er mit den Banden der Sehnsucht<br />
an den fernen Sohn gebunden; es erschien sein Sohn,<br />
einsam auch er, der Knabe, begehrlich auf der brennenden<br />
Bahn seiner jungen Wünsche stürmend, jeder<br />
auf sein Ziel gerichtet, jeder vom Ziel besessen, jeder<br />
leidend. Der Fluß sang mit einer Stimme des Leidens,<br />
sehnlich sang er, sehnlich floß er seinem Ziele zu, klagend<br />
klang seine Stimme.<br />
»Hörst du?« fragte Vasudevas stummer Blick. <strong>Siddhartha</strong><br />
nickte.<br />
»Höre besser!« flüsterte Vasudeva.<br />
<strong>Siddhartha</strong> bemühte sich, besser zu hören. Das Bild<br />
des Vaters, sein eigenes Bild, das Bild des Sohnes flossen<br />
ineinander, auch Kamalas Bild erschien und<br />
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