Siddhartha. Eine indische Dichtung.pdf
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nem wird, plauderte mit ihr, lernte von ihr, gab ihr<br />
Rat, empfing Rat. Sie verstand ihn besser, als Govinda<br />
ihn einst verstanden hatte, sie war ihm ähnlicher.<br />
Einmal sagte er zu ihr: »Du bist wie ich, du bist anders<br />
als die meisten Menschen. Du bist Kamala, nichts<br />
andres, und in dir innen ist eine Stille und Zuflucht,<br />
in welche du zu jeder Stunde eingehen und bei dir daheim<br />
sein kannst, so wie auch ich es kann. Wenige<br />
Menschen haben das, und doch könnten alle es haben.«<br />
»Nicht alle Menschen sind klug«, sagte Kamala.<br />
»Nein«, sagte <strong>Siddhartha</strong>, »nicht daran liegt es.<br />
Kamaswami ist ebenso klug wie ich, und hat doch keine<br />
Zuflucht in sich. Andre haben sie, die an Verstand<br />
kleine Kinder sind. Die meisten Menschen, Kamala,<br />
sind wie ein fallendes Blatt, das weht und dreht sich<br />
durch die Luft, und schwankt, und taumelt zu Boden.<br />
Andre aber, wenige, sind wie Sterne, die gehen eine<br />
feste Bahn, kein Wind erreicht sie, in sich selber haben<br />
sie ihr Gesetz und ihre Bahn. Unter allen Gelehrten<br />
und Samanas, deren ich viele kannte, war einer von<br />
dieser Art ein Vollkommener, nie kann ich ihn vergessen.<br />
Es ist jener Gotama, der Erhabene, der Verkünder<br />
jener Lehre. Tausendjünger hören jeden Tag seine<br />
Lehre, folgen jeder Stunde seiner Vorschrift, aber sie<br />
alle sind fallendes Laub, nicht in sich selbst haben sie<br />
Lehre und Gesetz.«<br />
Kamala betrachtete ihn mit Lächeln. »Wieder redest<br />
du von ihm«, sagte sie, »wieder hast du Samanagedanken.«<br />
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