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Siddhartha. Eine indische Dichtung.pdf

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zugleich, daß ihm die Wunde nicht gegeben war, um<br />

in ihr zu wühlen, daß sie zur Blüte werden und strahlen<br />

müsse.<br />

Daß die Wunde zu dieser Stunde noch nicht blühte,<br />

noch nicht strahlte, machte ihn traurig. An der<br />

Stelle des Wunschzieles, das ihn hierher und dem entflohenen<br />

Sohne nachgezogen hatte, stand nun Leere.<br />

Traurig setzte er sich nieder, fühlte etwas in seinem<br />

Herzen sterben, empfand Leere, sah keine Freude<br />

mehr, kein Ziel. Er saß versunken und wartete. Dies<br />

hatte er am Flusse gelernt, dies eine: warten, Geduld<br />

haben, lauschen. Und er saß und lauschte, im Staub<br />

der Straße, lauschte seinem Herzen, wie es müd und<br />

traurig ging, wartete auf eine Stimme. Manche Stunde<br />

kauerte er lauschend, sah keine Bilder mehr, sank in<br />

die Leere, ließ sich sinken, ohne einen Weg zu sehen.<br />

Und wenn er die Wunde brennen fühlte, sprach er<br />

lautlos das Om, füllte sich mit Om. Die Mönche im<br />

Garten sahen ihn, und da er viele Stunden kauerte und<br />

auf seinen grauen Haaren der Staub sich sammelte,<br />

kam einer gegangen und legte zwei Pisangfrüchte vor<br />

ihm nieder. Der Alte sah ihn nicht.<br />

Aus dieser Erstarrung weckte ihn eine Hand, welche<br />

seine Schulter berührte. Alsbald erkannte er diese<br />

Berührung, die zarte, schamhafte, und kam zu sich. Er<br />

erhob sich und begrüßte Vasudeva, welcher ihm nachgegangen<br />

war. Und da er in Vasudevas freundliches<br />

Gesicht schaute, in die kleinen, wie mit lauter Lächeln<br />

ausgefüllten Falten, in die heiteren Augen, da lächelte<br />

auch er. Er sah nun die Pisangfrüchte vor sich liegen,<br />

hob sie auf, gab eine dem Fährmann, aß selbst die an-<br />

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