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Siddhartha. Eine indische Dichtung.pdf

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te, freundlich, wissend, langmütig. In der Geduld waren<br />

sie beide Meister.<br />

Einst, als des Knaben Gesicht ihn sehr an Kamala<br />

erinnerte, mußte <strong>Siddhartha</strong> plötzlich eines Wortes<br />

gedenken, das Kamala vor Zeiten, in den Tagen der<br />

Jugend, einmal zu ihm gesagt hatte. »Du kannst nicht<br />

lieben«, hatte sie ihm gesagt, und er hatte ihr recht gegeben<br />

und hatte sich mit einem Stern, die Kindermenschen<br />

aber mit fallendem Laub verglichen, und dennoch<br />

hatte er in jenem Wort auch einen Vorwurf<br />

gespürt. In der Tat hatte er niemals sich an einen anderen<br />

Menschen ganz verlieren und hingeben können,<br />

sich selbst vergessen, Torheiten der Liebe eines anderen<br />

wegen begehen; nie hatte er das gekonnt, und dies<br />

war, wie ihm damals schien, der große Unterschied<br />

gewesen, der ihn von den Kindermenschen trennte.<br />

Nun aber, seit sein Sohn da war, nun war auch er,<br />

<strong>Siddhartha</strong>, vollends ein Kindermensch geworden, eines<br />

Menschen wegen leidend, einen Menschen liebend,<br />

an eine Liebe verloren, einer Liebe wegen ein<br />

Tor geworden. Nun fühlte auch er, spät, einmal im<br />

Leben diese stärkste und seltsamste Leidenschaft, litt<br />

an ihr, litt kläglich, und war doch beseligt, war doch<br />

um etwas erneuert, um etwas reicher.<br />

Wohl spürte er, daß diese Liebe, diese blinde Liebe<br />

zu seinem Sohn eine Leidenschaft, etwas sehr Menschliches,<br />

daß sie Sansara sei, eine trübe Quelle, ein dunkles<br />

Wasser. Dennoch, so fühlte er gleichzeitig, war sie<br />

nicht wertlos, war sie notwendig, kam aus seinem eigenen<br />

Wesen. Auch diese Lust wollte gebüßt, auch<br />

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