Siddhartha. Eine indische Dichtung.pdf
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liest, deren Sinn er suchen will, so verachtet er nicht<br />
die Zeichen und Buchstaben und nennt sie Täuschung,<br />
Zufall und wertlose Schale, sondern er liest<br />
sie, er studiert und liebt sie, Buchstabe um Buchstabe.<br />
Ich aber, der ich das Buch der Welt und das Buch<br />
meines eigenen Wesens lesen wollte, ich habe, einem<br />
im voraus vermuteten Sinn zuliebe, die Zeichen und<br />
Buchstaben verachtet, ich nannte die Welt der Erscheinungen<br />
Täuschung, nannte mein Auge und meine<br />
Zunge zufällige und wertlose Erscheinungen. Nein,<br />
dies ist vorüber, ich bin erwacht, ich bin in der Tat<br />
erwacht und heute erst geboren.«<br />
Indem <strong>Siddhartha</strong> diesen Gedanken dachte, blieb<br />
er abermals stehen, plötzlich, als läge eine Schlange vor<br />
ihm auf dem Weg.<br />
Denn plötzlich war auch dies ihm klargeworden:<br />
Er, der in der Tat wie ein Erwachter oder Neugeborener<br />
war, er mußte sein Leben neu und völlig von vorn<br />
beginnen. Als er an diesem selben Morgen den Hain<br />
Jetavana, den Hain jenes Erhabenen, verlassen hatte,<br />
schon erwachend, schon auf dem Wege zu sich selbst,<br />
da war es seine Absicht gewesen und war ihm natürlich<br />
und selbstverständlich erschienen, daß er, nach den<br />
Jahren seines Asketentums, in seine Heimat und zu<br />
seinem Vater zurückkehre. Jetzt aber, erst in diesem<br />
Augenblick, da er stehenblieb, als läge eine Schlange<br />
auf seinem Wege, erwachte er auch zu dieser Einsicht:<br />
»Ich bin ja nicht mehr, der ich war, ich bin nicht mehr<br />
Asket, ich bin nicht mehr Priester, ich bin nicht mehr<br />
Brahmane. Was denn soll ich zu Hause und bei meinem<br />
Vater tun? Studieren? Opfern? Die Versenkung<br />
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