Siddhartha. Eine indische Dichtung.pdf
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mas gedenkend. Hatte er diese verlassen müssen, um<br />
ein Kamaswami zu werden? Er saß noch, als die Nacht<br />
angebrochen war. Als er aufschauend die Sterne erblickte,<br />
dachte er: »Hier sitze ich unter meinem Mangobaume,<br />
in meinem Lustgarten.« Er lächelte ein wenig<br />
– war es denn notwendig, war es richtig, war es<br />
nicht ein törichtes Spiel, daß er einen Mangobaum,<br />
daß er einen Garten besaß?<br />
Auch damit schloß er ab, auch das starb in ihm. Er<br />
erhob sich, nahm Abschied vom Mangobaum, Abschied<br />
vom Lustgarten. Da er den Tag ohne Speise<br />
geblieben war, fühlte er heftigen Hunger, und gedachte<br />
an sein Haus in der Stadt, an sein Gemach und<br />
Bett, an den Tisch mit den Speisen. Er lächelte müde,<br />
schüttelte sich und nahm Abschied von diesen Dingen.<br />
In derselben Nachtstunde verließ <strong>Siddhartha</strong> seinen<br />
Garten, verließ die Stadt und kam niemals wieder.<br />
Lange ließ Kamaswami nach ihm suchen, der ihn in<br />
Räuberhand gefallen glaubte. Kamala ließ nicht nach<br />
ihm suchen. Als sie erfuhr, daß <strong>Siddhartha</strong> verschwunden<br />
sei, wunderte sie sich nicht. Hatte sie es<br />
nicht immer erwartet? War er nicht ein Samana, ein<br />
Heimloser, ein Pilger? Und am meisten hatte sie dies<br />
beim letzten Zusammensein gefühlt, und sie freute<br />
sich mitten im Schmerz des Verlustes, daß sie ihn dieses<br />
letzte Mal noch so innig an ihr Herz gezogen, sich<br />
noch einmal so ganz von ihm besessen und durchdrungen<br />
gefühlt hatte.<br />
Als sie die erste Nachricht von <strong>Siddhartha</strong>s Verschwinden<br />
bekam, trat sie ans Fenster, wo sie in einem<br />
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