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Max Weber - Die protestantische Ethik.pdf

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keine Rede mehr sein kann. Sie hat es namentlich nicht mehr nötig,<br />

sich von der Billigung irgendwelcher religiöser Potenzen tragen zu<br />

lassen und empfindet die Beeinflussung des Wirtschaftslebens<br />

durch die kirchlichen Normen soweit sie überhaupt noch fühlbar ist,<br />

ebenso als Hemmnis, wie dessen staatliche Reglementierung. <strong>Die</strong><br />

handelspolitische und sozialpolitische Interessenlage pflegen dann<br />

die “Weltanschauung” zu bestimmen. Wer sich in seiner<br />

Lebensführung den Bedingungen kapitalistischen Erfolges nicht<br />

anpaßt, geht unter oder kommt nicht hoch. Aber das sind<br />

Erscheinungen einer Zeit, in welcher der moderne Kapitalismus,<br />

zum Siege gelangt, sich von den alten Stützen emanzipiert hat. Wie<br />

er dereinst nur im Bunde mit der werdenden modernen Staatsgewalt<br />

die alten Formen mittelalterlicher Wirtschaftsregulierung sprengte,<br />

so könnte - wollen wir vorläufig sagen - das gleiche auch für seine<br />

Beziehungen zu den religiösen Mächten der Fall gewesen sein. Ob<br />

und in welchem Sinne es etwa der Fall gewesen i s t, das eben soll<br />

hier untersucht werden. Denn daß jene Auffassung des Gelderwerbs<br />

als eines den Menschen sich verpflichtenden Selbstzweckes, als<br />

“Beruf”, dem sittlichen Empfinden ganzer Epochen zuwiderlief,<br />

bedarf kaum des Beweises. […] Eine “sittliche” Anschauung wie<br />

die Benjamin Franklins wäre einfach undenkbar gewesen. <strong>Die</strong>s war<br />

vor allem die Auffassung der beteiligten kapitalistischen Kreise<br />

selbst: ihre Lebensarbeit war, wenn sie auf dem Boden der<br />

kirchlichen Tradition standen, günstigenfalls, etwas sittlich<br />

Indifferentes, Toleriertes, aber immerhin schon wegen der steten<br />

Gefahr, mit dem kirchlichen Wucherverbot zu kollidieren, für die<br />

Seligkeit Bedenkliches: ganz erhebliche Summen flossen, wie die<br />

Quellen zeigen, beim Tode reicher Leute als “Gewissensgelder” an<br />

kirchliche Institute, unter Umständen auch zurück an frühere<br />

Schuldner als zu Unrecht ihnen abgenommene “usura”. Anders<br />

standen - neben häretischen oder als bedenklich angesehenen<br />

Richtungen - nur die innerlich von der Tradition schon losgelösten<br />

patrizischen Kreise. Aber auch skeptische und unkirchliche Naturen<br />

pflegten, weil es zur Versicherung gegen<br />

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