Max Weber - Die protestantische Ethik.pdf
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Himmelreich durch den “Jahrmarkt der Eitelkeit eilenden<br />
Bunyanschen “Pilgers” getreten war. Wenn dann weiterhin der<br />
Grundsatz herrschend wurde: “to make the best of b o t h worlds”,<br />
so musste schließlich - wie ebenfalls schon Dowden bemerkt hat -<br />
das gute Gewissen einfach in die Reihe der Mittel komfortablen<br />
bürgerlichen Lebens eingereiht werden, wie dies ja auch das<br />
deutsche Sprichwort vom “sanften Ruhekissen” recht hübsch zum<br />
Ausdruck bringt. Was jene religiös lebendige Epoche des 17.<br />
Jahrhunderts ihrer utilitarischen Erbin vermachte, war aber eben vor<br />
allem ein ungeheuer gutes - sagen wir getrost: ein p h a r i s ä i s c h<br />
gutes - Gewissen beim Gelderwerb, wenn anders er sich nur in<br />
legalen Formen vollzog. Jeder Rest des “Deo placere vix potest”<br />
war verschwunden. Ein spezifisch b ü r g e r l i c h e s B e r u f s e<br />
t h o s war entstanden. Mit dem Bewußtsein, in Gottes voller Gnade<br />
zu stehen und von ihm sichtbar gesegnet zu werden, vermochte der<br />
bürgerliche Unternehmer, wenn er sich innerhalb der Schranken<br />
formaler Korrektheit hielt, sein sittlicher Wandel untadelig und der<br />
Gebrauch, den er von seinem Reichtum machte, kein anstößiger<br />
war, seinen Erwerbsinteressen zu folgen und s o l l t e dies tun. <strong>Die</strong><br />
Macht der religiösen Askese, stellte ihm überdies nüchterne,<br />
gewissenhafte, ungemein arbeitsfähige und an der Arbeit als<br />
gottgewolltem Lebenszweck klebende Arbeiter zur Verfügung. Sie<br />
gab ihm dazu die beruhigende Versicherung, daß die ungleiche<br />
Verteilung der Güter dieser Welt ganz spezielles Werk von Gottes<br />
Vorsehung sei, der mit diesen Unterschieden ebenso wie mit der nur<br />
partikulären Gnade seine geheimen, uns unbekannten Ziele<br />
verfolge. Schon Calvin hatte den oft zitierten Ausspruch getan, daß<br />
nur wenn das “Volk”, d. h. die Masse der Arbeiter und Handwerker,<br />
arm erhalten werde, es Gott gehorsam bleibe. <strong>Die</strong> Niederländer<br />
(Pieter de la Court und andere) hatten dies dahin “säkularisiert”:<br />
daß die Masse der Menschen nur a r b e i t e, wenn die Not sie dazu<br />
treibe, und diese Formulierung eines Leitmotivs kapitalistischer<br />
Wirtschaft mündete dann weiterhin in den Strom der Theorie von<br />
der “Produktivität” niederer Löhne. Auch hier schob sich die<br />
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