Max Weber - Die protestantische Ethik.pdf
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seines Gnadenstands sicher zu werden, “wirken die Werke dessen,<br />
der ihn gesandt hat, solange es Tag ist”. Nicht Muße und Genuß,<br />
sondern n u r H a n d e l n dient nach dem unzweideutig<br />
geoffenbarten Willen Gottes zur Mehrung seines Ruhms. Z e i t v e<br />
r g e u d u n g ist also die erste und prinzipiell schwerste aller<br />
Sünden. <strong>Die</strong> Zeitspanne des Lebens ist unendlich kurz und kostbar,<br />
um die eigene Berufung “festzumachen”. Zeitverlust durch<br />
Geselligkeit, “faules Gerede”; Luxus, selbst durch mehr als der<br />
Gesundheit nötigen Schlaf - 6 bis höchstens 8 Stunden - ist sittlich<br />
absolut verwerflich. Es heißt noch nicht wie bei Franklin: “Zeit ist<br />
Geld”, aber der Satz gilt gewissermaßen im spirituellen Sinn: sie ist<br />
unendlich wertvoll, weil jede verlorene Stunde der Arbeit im <strong>Die</strong>nst<br />
des Ruhmes Gottes entzogen ist. Wertlos und eventuell direkt<br />
verwerflich ist daher auch untätige Kontemplation, mindestens<br />
wenn sie auf Kosten der Berufsarbeit erfolgt. Denn sie ist Gott m i n<br />
d e r wohlgefällig als das aktive Tun seines Willens im Beruf.<br />
Überdies ist für sie der Sonntag da, und es sind nach Baxter immer<br />
diejenigen, die in ihrem Berufe müßig sind, welche auch für Gott<br />
keine Zeit haben, wenn die Stunde dafür da ist.<br />
Demgemäß sieht sich eine immer wiederholte, zuweilen fast<br />
leidenschaftliche Predigt harter, stetiger, körperlicher oder geistiger<br />
A r b e i t durch Baxters Hauptwerk. Zwei Motive wirken hier<br />
zusammen. <strong>Die</strong> Arbeit ist zunächst das alterprobte a s k e t i s c h e<br />
M i t t e l, als welches sie in der Kirche des Abendlandes, in<br />
scharfem Gegensatz nicht nur gegen den Orient, sondern gegen fast<br />
alle Mönchsregeln der ganzen Welt, von jeher geschätzt war. Sie ist<br />
namentlich das spezifische Präventiv gegen alle jene Anfechtungen,<br />
welche der Puritanismus unter dem Begriff “unclean life”<br />
zusammenfaßt, und deren Rolle ist keine geringe. <strong>Die</strong> sexuelle<br />
Askese ist ja im Puritanismus nur dem Grade, nicht dem<br />
zugrundeliegenden Prinzip nach von der mönchischen verschieden<br />
und infolge der Erfassung auch des ehelichen Lebens<br />
weitreichender als jene. Denn der Geschlechtsverkehr ist auch i n<br />
der Ehe n u r als das von Gott gewollte Mittel zur Mehrung seines<br />
Ruhmes, entsprechend<br />
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