Max Weber - Die protestantische Ethik.pdf
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schen Eigeninteressen aus so irrationale - Sichhingeben an die<br />
Berufs-a r b e i t erwachsen ist, welches einer der<br />
charakteristischsten Bestandteile unserer kapitalistischen Kultur war<br />
und noch immer ist. U n s interessiert hier gerade die Herkunft jenes<br />
i r r a t i o n a l e n Elements, welches in diesem wie in jedem<br />
“Berufs”-Begriff liegt.<br />
3. Luthers Berufskonzeption. Aufgabe der Untersuchung<br />
Nun ist unverkennbar, daß schon in dem deutschen W o r t e<br />
“Beruf” ebenso wie in vielleicht noch deutlicherer Weise in dem<br />
englischen “calling”, eine religiöse Vorstellung: - die einer von Gott<br />
gestellten A u f g a b e – wenigstens m i t klingt und, je<br />
nachdrücklicher wir auf das Wort im konkreten Fall den Ton legen,<br />
desto fühlbarer wird. Und verfolgen wir nun das Wort geschichtlich<br />
und durch die Kultursprachen hindurch, so zeigt sich zunächst, daß<br />
die vorwiegend katholischen Völker für das, was wir “Beruf” (im<br />
Sinne von Lebensstellung, umgrenztes Arbeitsgebiet) nennen, einen<br />
Ausdruck ähnlicher Färbung ebenso wenig kennen wie das<br />
klassische Altertum, während es bei a l l e n vorwiegend<br />
<strong>protestantische</strong>n Völkern existiert. Es zeigt sich ferner, da nicht<br />
irgendeine ethnisch bedingte Eigenart der betreffenden Sprachen,<br />
etwa der Ausdruck eines “germanischen Volksgeistes” dabei<br />
beteiligt ist, sondern daß das Wort in seinem heutigen Sinn aus den<br />
B i b e l ü b e r s e t z u n g e n stammt und zwar aus dem Geist der<br />
Übersetzer, n i c h t aus dem Geist des Originals. Es scheint in der<br />
lutherischen Bibelübersetzung zuerst an einer Stelle des Jesus<br />
Sirach (11, 20 u. 21) ganz in unserem heutigen Sinn verwendet zu<br />
sein. Es hat dann sehr bald in der Profansprache aller<br />
<strong>protestantische</strong>n Völker seine heutige Bedeutung angenommen,<br />
während vorher in der profanen Literatur k e i n e s derselben<br />
irgendein Ansatz zu einem derartigen Wort-sinn zu bemerken war<br />
und auch in der Predigt-Literatur, soviel ersichtlich, nur bei einem<br />
der deutschen Mystiker, deren Einfluß auf Luther bekannt ist.<br />
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