Arbeitsbericht 2012 im pdf Format - Gesellschaft für bedrohte Völker
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Indigene <strong>Völker</strong> Russlands<br />
In einem Memorandum zeigten wir, dass „Landgrabbing“ (Landraub) auch in der Russischen<br />
Föderation <strong>für</strong> die indigene Bevölkerung ein großes Problem darstellt. Die Pläne zur Entwicklung des<br />
teils spärlich besiedelten Fernen Ostens der Russischen Föderation, in dem aber etliche indigene<br />
<strong>Völker</strong> zu Hause sind, sieht vor, dass hier die Rohstoffe ausgebeutet und über neu zu bauende<br />
Straßen und Pipelines in Richtung China transportiert werden sollen. Der Pipelinebau über das Ukok-<br />
Hochplateu, UNESCO-Welterbe und heilige Stätte der Telengiten, zeigt, dass es der russischen<br />
Regierung um die wirtschaftliche Ausbeutung der Gebiete geht und es keinerlei Interesse an der<br />
Situation der indigenen Bevölkerung gibt. In einem E-Mail-Newsletter prangerten wir das an und<br />
forderten, das Pipelineprojekt zu stoppen. Auch die Schoren, die in ihren Dörfern <strong>im</strong> Altai massiv<br />
unter dem Eisenerzabbau leiden, unterstützten wir durch Briefe an UN, die zuständigen russischen<br />
Stellen und den Europarat. Die Sprecher der indigenen Gruppen fühlen sich ohnmächtig angesichts<br />
der Entwicklung, über die sie nicht informiert werden. Ihr angestammtes Land wird von Firmen oder<br />
dem Staat aufgekauft und ausgebeutet, ohne dass sie da<strong>für</strong> einen Ersatz bekämen.<br />
Im November hatte das russische Justizministerium die Tätigkeit des Dachverbandes der indigenen<br />
<strong>Völker</strong> Russlands, RAIPON, <strong>für</strong> sechs Monate verboten. Ein Präsidiumsmitglied von RAIPON, Pavel<br />
Suljandziga, besuchte uns in unserem Berliner Büro, um über die Situation und ihre Hintergründe zu<br />
informieren. Wir starteten daraufhin gemeinsam mit anderen Organisationen eine breit angelegte<br />
Appellaktion <strong>für</strong> RAIPON. In unserer Zeitschrift pogrom-<strong>bedrohte</strong> <strong>Völker</strong> veröffentlichten wir ein<br />
längeres Interview mit einem weiteren Mitglied von RAIPON. Wir informierten den UN-<br />
Sonderberichterstatter <strong>für</strong> indigene Belange, James Anaya, den Arktischen Rat und den russischen<br />
Menschenrechtsrat über das RAIPON-Verbot. Der internationale Druck half: RAIPON konnte seinen<br />
Jahreskongress <strong>im</strong> März 2013 abhalten. Die Unterdrückung und Diskr<strong>im</strong>inierung der indigenen<br />
Bevölkerung dauert jedoch an. Ein weiteres Beispiel da<strong>für</strong> war <strong>2012</strong> der Übergriff des russischen<br />
Gehe<strong>im</strong>dienstes FSB auf die indigene Genossenschaft Dylatscha in Burjatien: Unter dem Vorwurf der<br />
Korruption wurden drei Geschäftsführer von Dylatscha verschleppt. Zwei wurden wieder auf freien<br />
Fuß gesetzt, der eine jedoch ist weiter in Gewahrsam. In Burjatien wird seit Jahren erfolgreich<br />
Nephrit gefördert. Die GfbV wandte sich an den zuständigen Staatsanwalt in Burjatien und<br />
unterstützte Dylatscha auch durch Schreiben an den Europarat sowie die ständige Arbeitsgruppe <strong>für</strong><br />
indigene Belange der UN.<br />
In der Hauptstadt Aserdaidschans Baku trat be<strong>im</strong> Eurovisions-Wettbewerb auch eine Musikgruppe<br />
aus der russischen Teilrepublik Udmurtien auf, deren Lied teils auf Udmurtisch vorgetragen wurde.<br />
Dies nahmen wir zum Anlass um über die Situation der indigenen Bevölkerung in Russland zu<br />
informieren und besonders auch darzustellen, dass viele der indigenen Sprachen Russlands vom<br />
Aussterben bedroht sind. Ein erfolgreiches Projekt gegen diese Gefahr führte unsere Koordinatorin<br />
<strong>für</strong> die indigene Bevölkerung Russlands, Tjan Zaotschnaja, auf Kamtschatka bei den Itelmenen durch.<br />
Dort wurde ein Schulbuch <strong>für</strong> den Sprachunterricht veröffentlicht und ein Lehrer ausgebildet, der<br />
<strong>2012</strong> Kurse in Itelmenisch anbot. Gemeinsam mit Tjan Zaotschnaja hielten wir einen Vortrag <strong>im</strong><br />
<strong>Völker</strong>kundemuseum in München zum Thema der indigenen <strong>Völker</strong> in Russland.<br />
Ukraine und Aserbaidschan<br />
Die Großveranstaltungen der Fußball EM <strong>2012</strong> in der Ukraine und Polen sowie den<br />
Gesangswettbewerb Eurovision in Baku in Aserbaidschan boten uns Anlass da<strong>für</strong>, die dortige<br />
Menschenrechtslage verstärkt in den Fokus zu rücken. Im Falle der Ukraine machten wir besonders<br />
auf die miserable Lage der Roma und anderer Minderheiten, auf die andauernde Diskr<strong>im</strong>inierung der<br />
Kr<strong>im</strong>tataren und die unrechtmäßige Haft der ehemaligen Regierungschefin Julja T<strong>im</strong>oschenko<br />
aufmerksam. Wir führten dazu auch eine gut besuchte Veranstaltung auf der Leipziger Buchmesse<br />
durch. In unserem Brief an alle EU Parlamentarier und die EU-Kommission baten wir auch um<br />
Unterstützung der jüdischen Gemeinschaft in der Ukraine.<br />
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