kostenfreier Download als PDF - Institut für Wirtschaftsforschung Halle
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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Wirtschaftsforschung</strong> <strong>Halle</strong><br />
„notwendige Glied in der Kulturentwicklung der Menschheit“5. „Mit ihrem Volke zugleich<br />
wächst auch die Volkswirtschaft heran und kommt zu Blüte und Reife.“6<br />
Es ist ein eigentümliches, man kann sagen: romantisches Organismus-Denken, das seine<br />
Energie aus dem Nichtvorhandensein eines politischen Rahmens bezieht. Es war eine<br />
Nationalökonomie ohne Nation.7 Unter dieser Bedingung ist der Einzelne in seiner Bewegungsfreiheit<br />
beschränkt und frustriert. Bruno Hildebrand sieht dennoch in ihm den<br />
„selbstbewussten Träger einer eigenen selbständigen Welt … [die] Selbstliebe der Individuen<br />
dient zum großen Teil der Kultur“8, jedoch nur, wenn sie – aus sittlicher Pflicht<br />
heraus – öffentlichen Zwecken unterstellt ist.<br />
Joseph Schumpeter verdanken wir eine Würdigung der frühen Volkswirtschaft, ihrer<br />
Eigenheit und Kennzeichnung und dessen, was <strong>für</strong> das deutsche Sozialdenken bis ins<br />
20. Jahrhundert grundlegend blieb:9<br />
(1) Es gibt keine Allgemeingesetzlichkeit <strong>für</strong> wirtschaftspolitisches Handeln in einem<br />
historischen Denken, denn sie könnte nur auf primitiver Menschennatur gründen.<br />
(2) Das soziale Leben ist eine Einheit und muss <strong>als</strong> „volle Wirklichkeit“ erfasst werden.<br />
(3) Ein Antirationalismus: die Lehre „von der Vielheit der Motive und die von der geringen<br />
Bedeutung bloß logischer Einsicht <strong>für</strong> das menschliche Handeln“.<br />
(4) Ein Entwicklungsgedanke, ausgehend von den Triebkräften – und welches Gebäude<br />
sie errichten: z. B. Bruno Hildebrand: von der Naturalwirtschaft über Geldwirtschaft<br />
zur Kreditwirtschaft. Die Geldwirtschaft gehört überwunden, sie führt zur<br />
Machtballung, isoliert die kleinen Leute; sie geraten in den „Strudel der allgemeinen<br />
Konkurrenz“. Der Kredit ist das vollkommenere Umsatzmittel: „Der Kredit ist<br />
eine geistige und sittliche Macht wie die Wissenschaft; er beruht auf der Ehrlichkeit<br />
und Gewissenhaftigkeit, auf dem gegenseitigen Vertrauen, überhaupt auf der öffentlichen<br />
Moral des Volkes.“<br />
(5) Der Organismus-Gedanke in Staat und Wirtschaft: Beide sind – nach Knies – eine<br />
organische Totalität, auf die sich alle Erscheinungen menschlichen Tuns beziehen<br />
und deshalb untereinander in Wechselwirkung stehen. Die Wirtschaft ist Teil des<br />
gesamten Lebensorganismus.10<br />
(6) Normative Ausrichtung: Recht und Pflicht sind Teil des Handelns; dazu Kant: „Die<br />
Bestimmung des Menschen ist nicht, hier jem<strong>als</strong> glücklich zu sein, sondern unauf-<br />
5 Hildebrand (1848), S. 253 ff.<br />
6 Roscher (1906), S. 40.<br />
7 Vgl. Henßler, Schmid (2007), S. 33 f.<br />
8 Hildebrand zit. in Henßler, Schmid (2007), S. 47 f.<br />
9 Vgl. Schumpeter (1924), S. 19-24.<br />
10 Vgl. Knies (1883).<br />
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