kostenfreier Download als PDF - Institut für Wirtschaftsforschung Halle
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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Wirtschaftsforschung</strong> <strong>Halle</strong><br />
ner Wettbewerbsordnung, wie sie etwa dem Konzept einer Sozialen Marktwirtschaft zugrunde<br />
liegt, in mehrfacher Hinsicht <strong>als</strong> problematisch. Zum einen liegt dies an einem<br />
zunehmenden Steuerungsverlust nation<strong>als</strong>taatlichen Rechts, das immer weniger in der<br />
Lage ist, das Verhalten der einzelnen Wirtschaftsakteure zu steuern. Multinational agierende<br />
Unternehmen sind mindestens prinzipiell in der Lage, sich durch „Abwanderung“<br />
dem Geltungsbereich des nationalen Rechts zu entziehen, bzw. durch Androhung der<br />
Abwanderung das nationale Recht in ihrem Sinne zu beeinflussen.7 Beck spricht in diesem<br />
Kontext von einer „transnationalen Entzugsmacht“ der Konzerne, die der territorial<br />
gebundenen Organisationsmacht der Nation<strong>als</strong>taaten insofern überlegen sei, <strong>als</strong> Konzerne<br />
in der Lage seien, aufgrund informationstechnologischer Möglichkeiten räumliche<br />
Distanzen aufzuheben.8 Zum anderen versetzt Globalisierung die Unternehmen in die<br />
Lage, Nation<strong>als</strong>taaten im Standortwettbewerb gegeneinander auszuspielen.9 Wollen die<br />
Nation<strong>als</strong>taaten auch künftig <strong>als</strong> Wirtschaftsstandort lukrativ bleiben, sind sie gezwungen,<br />
ihre Ordnungspolitik an den Interessen der Wirtschaft und nicht an den Bedürfnissen<br />
der Gemeinschaft auszurichten. Nation<strong>als</strong>taaten müssen in einer globalen Wirtschaft<br />
mit Vergünstigungen, Infrastrukturleistungen, Steuervorteilen, Subventionen und einer<br />
unternehmensfreundlichen Gesetzgebung um die Gunst der Unternehmen werben.<br />
Schließlich führen das Abwandern multinationaler Unternehmen aus den nationalen<br />
Steuergebieten, die zunehmende „Internationalisierung“ der Konzernstrukturen und die<br />
globale Ausweitung der Konkurrenz auch auf den Arbeitsmärkten zu einer sozi<strong>als</strong>taatlichen<br />
„Entsolidarisierung“. Für multinationale Konzerne ist Solidarität angesichts globaler<br />
Wirtschaftsbeziehungen nicht länger eine Frage der „nationalen Loyalität“, die im<br />
Zweifel durch einen nationalen Gesetzgeber erzwungen werden kann, sondern sie wird<br />
zum räumlich wie zeitlich begrenzten freiwilligen Engagement der Unternehmen.10 Zudem<br />
erlaubt es die globalisierte Wirtschaft auch innerhalb der Nation<strong>als</strong>taaten vor allem<br />
den „Globalisierungsgewinnern“, sich von ihren Beitragspflichten zurückzuziehen.<br />
„Privilegierte Teile der Bevölkerung verschanzen sich in ihren Lebensbereichen und<br />
ziehen sich aus dem öffentlichen Bildungs- und Gesundheitssystem zurück.“11 Damit<br />
aber werden die vor allem auf Solidarität beruhenden sozi<strong>als</strong>taatlichen Arrangements<br />
der lokalen Wirtschaftsgemeinschaften brüchig, mit der Folge, dass die Zustimmung zu<br />
einem freiheitlichen Wirtschaftssystem mindestens bei den „Globalisierungsverlierern“<br />
nicht mehr stillschweigend vorausgesetzt werden kann und damit die demokratische<br />
Legitimation einer liberalen Wirtschaftsordnung zunehmend bedroht scheint.<br />
Jedoch ergeben sich innerhalb der globalisierten Wirtschaft auch neue Handlungsoptionen.<br />
Zwar verlieren Nation<strong>als</strong>taaten innerhalb ihrer Territorien zunehmend an Handlungsmacht<br />
gegenüber multinationalen Akteuren. Andererseits haben sich die Einfluss-<br />
7 Vgl. Habermas (1998), S. 70 f.<br />
8 Vgl. Beck (1998), S. 18.<br />
9 Vgl. Beck (1997), S. 116.<br />
10 Vgl. Beck (1997), S. 119 f.<br />
11 Giddens (1999), S. 121.<br />
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