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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Wirtschaftsforschung</strong> <strong>Halle</strong><br />

Für Galbraith kann Ethik ein hermeneus, ein anthropologischer Dolmetscher <strong>für</strong> die<br />

Ökonomie sein, um damit einem zu uniformen Menschbild der Ökonomie entgegenzuwirken.<br />

Die eigenen Wertvorstellungen in Freiheit leben und verwirklichen zu können,<br />

ist <strong>für</strong> menschliches Leben fundamental – jenseits aller Nutzenkalküle. Nicht umsonst<br />

fragt Lessing kritisch, was denn am Ende der Nutzen des Nutzens sei.<br />

7. Nun gelten aber die Gesetzmäßigkeiten der Ökonometrie, Mathematik oder<br />

Statistik <strong>für</strong> Menschen verschiedenster Herkunft und Wertvorstellungen, Christen wie<br />

Nichtchristen. Es gibt keine Sonderwirtschaftsethik <strong>für</strong> christliche Marktteilnehmer. Daher<br />

kann Ethik und konkret Wirtschaftsethik in erster Linie auf anthropologischer<br />

Ebene, nämlich in der Reflektion und durch Einbringung ihres Verständnisses vom<br />

Menschen in das ökonomische Denken, ihren eigenständigen Beitrag leisten. Ihr Ziel<br />

kann kaum die Entwicklung neuer ökonomischer Denkmodelle sein. Sie betrachtet<br />

Ethik vielmehr im Sinne Trutz Rendtorffs <strong>als</strong> Begleit- und nicht <strong>als</strong> Bescheidwissenschaft,<br />

die ökonomische, politische oder technische Welt aus ihrer besonderen Perspektive.<br />

Während Ökonomie in Parametern von Angebot und Nachfrage, von Knappheit<br />

und Effizienz denkt, fragen Ethik und Anthropologie nach dem Wesen des Menschen<br />

und seinen Wertvorstellungen sowie den daraus resultierenden Kriterien seines Handelns.<br />

Auf die Markierung der daraus resultierenden Unterschiede und Gemeinsamkeiten<br />

ethischer Kategorien und Denkmuster muss sich eine Wirtschaftsethik konzentrieren.<br />

Dieser ganzheitliche Ansatz wird Ökonomen nicht so fremd sein, wie manche meinen.<br />

Denn Ökonomen gestehen vielfach zu, dass man bereits im Homo-oeconomicus-Modell<br />

eigentlich von einem homo occidentalis oeconomicus axiomaticus sprechen müsste, da<br />

der Mensch durch Natur, Kultur, Geschichte, Sozi<strong>als</strong>truktur, globale Vernetzung und<br />

durch die schlichte Tatsache seiner Humanität sowie der mit ihr verbundenen menschlichen<br />

Bedingtheit und Sterblichkeit geprägt wird.11 Das Bild vom Menschen in der<br />

klassischen Ökonomie seit David Ricardo und Alfred Marshall wird neuerlich von Entwicklungsökonomen<br />

wie Jeffrey Sachs oder Joseph Stiglitz nicht nur <strong>als</strong> unrealistisch,<br />

sondern <strong>für</strong> die Ökonomie selbst <strong>als</strong> irreführend kritisiert. Dies ändert aber wenig daran,<br />

dass solche Grundprämissen bis heute vielfach ökonomisches Denken gerade in seiner<br />

ethischen Konsequenz bestimmen. An diesem Punkt kann eine christliche Wirtschaftsethik<br />

mit anthropologischem Schwerpunkt ihren eigentlichen Beitrag <strong>als</strong> hermeneus<br />

leisten, indem sie Menschen und Märkten hilft, mit der Würde, aber eben auch mit<br />

Fehlbarkeit und Korrumpierbarkeit des Individuums im wahrsten Sinne des Wortes <strong>als</strong><br />

Fixgröße zu „rechnen“.<br />

Ein zentraler Begriff in der Diskussion um Werte speziell im Zusammenhang mit ökonomischem<br />

Handeln ist, wie gezeigt, der Gerechtigkeitsbegriff. Ob man Gerechtigkeit<br />

nun <strong>als</strong> Kardinaltugend oder <strong>als</strong> Grundwert bezeichnen will: Gerechtigkeit impliziert<br />

schon bei John Rawls immer auch Chancengerechtigkeit aus Sicht der least advantaged,<br />

11 Vgl. Galtung, J. (1984): Ökonomismus <strong>als</strong> Okzidentalismus, in: J. Jarre (Hrsg.), Die Zukunft der Ökonomie.<br />

Wirtschaftswissenschaftliche Forschungsansätze im Vergleich. Loccumer Protokolle 15/1984,<br />

S. 165-177, insbes. S. 177.<br />

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