kostenfreier Download als PDF - Institut für Wirtschaftsforschung Halle
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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Wirtschaftsforschung</strong> <strong>Halle</strong><br />
nationalen Wirtschaftsbelangen kaum mehr die Rede sein. Welche Gründe sollte beispielsweise<br />
ein schwedischer Konzern wie Electrolux haben, Arbeitsplätze bei seiner<br />
deutschen AEG-Tochter in Nürnberg zu erhalten?22 Investitionen in einen bestimmten<br />
Standort sind nicht mehr bestimmt durch das „Gefühl einer moralischen Verpflichtung“<br />
oder eine bestimmte „Gruppenzugehörigkeit“, sondern werden allein anhand von<br />
Kosten-Nutzen-Überlegungen getroffen. Der Versuch, mit nation<strong>als</strong>taatlichen Mitteln<br />
lenkend in diesen Prozess einzugreifen – etwa die Standortentscheidung von Unternehmen<br />
durch die Vergabe von Subventionen zu beeinflussen –, kann hier allenfalls kurzfristige<br />
Erfolge bringen, wie der Stellenabbau des finnischen Mobiltelefonherstellers<br />
Nokia in seinem Bochumer Herstellungsbetrieb drastisch vor Augen führte.23 So<br />
erweist sich denn auch der Ruf nach mehr Verantwortung der Wirtschaft seitens der<br />
Politik unter den Bedingungen globalisierter Wirtschaftsbeziehungen <strong>als</strong> eher hilfloser<br />
Appell an einen längst verloren gegangenen Wertekonsens. Eine auf nation<strong>als</strong>taatliche<br />
Belange ausgerichtete Sozialpolitik schlägt dort fehl, wo sich die Strukturen in den<br />
Unternehmen und die Ausrichtung der Unternehmenspolitik geändert haben und Solidarität<br />
mit nation<strong>als</strong>taatlichen Mitteln nicht mehr eingefordert werden kann. Verbindliche<br />
Regelungen können hier nur noch durch die Staatengemeinschaft erlassen werden oder<br />
aber auf dem Wege freiwilliger Vereinbarungen „quasivertraglich“ durchgesetzt<br />
werden.<br />
Allerdings zeigen die Unternehmensskandale der jüngsten Zeit nicht nur die Auswirkungen<br />
einer globalisierten Wirtschaft, sondern offenbaren vor allem einen bereits seit<br />
Mitte der 1980er Jahre konstatierten Werteverlust des Managements24 und eine entsprechend<br />
degenerierte Unternehmenskultur. Innerhalb der medialen Öffentlichkeit führt<br />
das Fehlverhalten einzelner jedoch nicht zu einer sachlichen Diskussion über die Möglichkeiten<br />
und Grenzen, das Wohlverhalten der Wirtschaftsakteure sicherzustellen.<br />
Vielmehr beschränkt sich auch der Beitrag der Medien auf den irrationalen Ruf nach<br />
mehr Moral in der Wirtschaft, der selbst dort vorgetragen wird, wo unternehmerisches<br />
Handeln zwar zu unliebsamen Konsequenzen führt, dies aber nicht durch moralisches<br />
Fehlverhalten der Wirtschaftsakteure erklärbar ist. Die hilflose Appell-Politik der Regierungsverantwortlichen<br />
ebenso wie die oftm<strong>als</strong> unkritische und wenig trennscharfe<br />
mediale Diskussion führen in weiten Kreisen zu einem Verlust des Vertrauens in die<br />
Prinzipien einer (Sozialen) Marktwirtschaft und bedrohen damit auch die license to<br />
operate unternehmerischen Handelns.<br />
Wirtschaft ist jedoch auf eine nichtökonomische Wertebasis und die Moral der Wirtschaftsakteure<br />
angewiesen, oder in den Worten Alfred Müller-Armacks:<br />
22 Vgl. Tagesspiegel (2007).<br />
23 Vgl. SPIEGEL ONLINE (2008).<br />
24 Vgl. Kaufmann, Kerber, Zulehner (1986).<br />
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