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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Wirtschaftsforschung</strong> <strong>Halle</strong><br />

Denn der Wertbegriff ist ursprünglich kein philosophischer oder theologischer Begriff.<br />

Platon, Aristoteles oder Thomas von Aquin kommen gut ohne ihn aus. Der neuzeitliche<br />

Wertbegriff etabliert sich zunächst über die Ökonomie, wo sich Anbieter und Käufer<br />

auf die Frage zu einigen versuchen: Was ist mir etwas wert? Um diese Frage möglichst<br />

gerecht zu klären, differenziert die Ökonomie im Rekurs auf Adam Smith dann etwa<br />

zwischen dem Tauschwert und dem Gebrauchswert einer Sache. So hat etwa ein goldener<br />

Käfig aufgrund seines Materi<strong>als</strong> einen hohen Tauschwert, aber einen relativ niedrigen<br />

Gebrauchswert. Der Wertbegriff ist einer der zentralen Begriffe jedes Marktes. Zum<br />

Beispiel auch des Arbeitsmarktes: So war es Karl Marx, der in seiner Mehrwerttheorie<br />

konsequent danach fragte, wer welchen Anteil vom Mehrwert menschlicher Arbeit bekommen<br />

soll, wobei sich dieser Mehrwert menschlicher Arbeit aus seiner Perspektive<br />

klar zurechnen lässt – anders <strong>als</strong> etwa der Wert bestimmter Tugenden und Wertmaßstäbe<br />

menschlichen Handelns. Lässt sich aber der Wert gesellschaftlicher Wertvorstellungen<br />

dann überhaupt begrifflich fassen?<br />

Wer hier das Material raffen muss, scheint gut beraten, sich auf zwei Namen zu konzentrieren,<br />

nämlich Max Scheler und Friedrich Nietzsche, denn diese beiden haben die<br />

neuzeitliche Debatte über den Wertbegriff vielleicht am nachhaltigsten geprägt. Während<br />

Max Scheler und an ihn anknüpfend Nicolai Hartmann auf der Suche nach ewig<br />

geltenden und intuitiv greifbaren Werten waren, die sich einer rationalen Objektivierung<br />

entziehen, war es Nietzsche, der die „Umwertung aller Werte“ verlangte, was in jedem<br />

Fall zumindest deren prinzipielle Veränderlichkeit voraussetzt.1 Nietzsches Arbeit hat<br />

in drei Richtungen Impulse gegeben: erstens zur empirischen Weiterarbeit an Ursprung<br />

und Entstehung der Werte, zunächst vor allem bei Max Weber in dessen Untersuchungen<br />

zur kapitalistischen Ethik des Protestantismus; zweitens zu einer philosophischen<br />

Wertlehre bei Max Scheler; drittens zu einer radikalen Kritik an der philosophischen<br />

Verwendung des Wertbegriffs bei Martin Heidegger und anderen. Scheler hat seinerseits<br />

den Versuch unternommen, den Wertbegriff zum Fundament seiner materialen<br />

Ethik zu machen.2 Für ihn ist es zwingend notwendig, Werten <strong>als</strong> Teil eines großen<br />

Ganzen doch wieder ein Sein zuzuschreiben, wobei konkrete Werte von Scheler ähnlich<br />

wie die Kardinaltugenden in eine angeblich a priori bestehende Hierarchie gebracht<br />

werden. Und von dieser Hierarchie behauptet er am Ende, sie erschließe sich intuitiv.<br />

Dieser letzte Schritt hat Schelers Werttheorie freilich ins Bodenlose geführt, denn mit<br />

Intuition allein sind kaum normative Ethiken zu entwickeln. Denn wie vermittle ich<br />

Andersdenkenden intuitiv Werte, wenn diese Andersdenkenden sich weigern, meine<br />

Intuition und deren Quelle zu teilen? Das bedeutet freilich nicht, dass Schelers Wertdenken<br />

ohne Einfluss blieb. Im Gegenteil: Im deutschen Strafrecht beurteilen Richter<br />

bis heute den „Unwert“ einer Tat, und die Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts be-<br />

1 Nietzsche, F. (1999): Zur Genealogie der Moral, in: E. Colli, M. Montinari (Hrsg.), Kritische<br />

Studienausgabe, Band 5. Berlin.<br />

2 Vgl. Scheler, M. (1954): Der Formalismus in der Ethik und die materiale Wertethik. Neuer Versuch<br />

eines ethischen Personalismus, 4. Aufl. Bern 1916.<br />

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