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Akademie <strong>für</strong> Politische Bildung Tutzing<br />

eine verbindliche globale Wertebasis überhaupt geben, wie das etwa Hans Küng in seinem<br />

„Weltethosprojekt“ postuliert?8<br />

6. Der Diskussion um Werte und Ethik im 21. Jahrhundert liegt dieselbe Kernfrage<br />

zugrunde wie auch schon bei Kant: „Was soll ich tun?“ Darum kann das Proprium einer<br />

Ethik im Allgemeinen und einer Wirtschaftsethik im Besonderen auch nicht in der philosophischen<br />

Paraphrasierung politischer Forderungen oder bloßer Appelle an ökonomisches<br />

Handeln liegen, sondern vielmehr in einer menschengerechten Grundlegung von<br />

Ökonomie im Zeitalter globaler Märkte. Eine solche Fundierung der Ethik findet man in<br />

erster Linie in einer Anthropologie, deren Mitte das mit einer unverfügbaren Würde<br />

ausgestattete Individuum ist, ein Individuum, das aus religiöser Sicht Gottes Geschöpf<br />

ist. Nun kann man Menschenwürde freilich auch rein stoisch-rational und ganz ohne<br />

den Glauben an einen Gott begründen. Welche Begründung man auch heranzieht: In<br />

keinem Fall ist der Mensch nur jener eigeninteressierte homo oeconomicus, <strong>als</strong> der er in<br />

vielen ökonomischen Modellen skizziert wird. Und ganz gleich, ob der homo<br />

oeconomicus <strong>als</strong> empirische Hypothese oder <strong>als</strong> methodologische Fiktion verstanden<br />

wird, d. h. egal, ob postuliert wird, der homo oeconomicus sei nur ein vereinfachendes<br />

Modell, eine heuristische Fiktion der Ökonomen, oder ob behauptet wird, den homo<br />

oeconomicus gebe es wirklich: In jedem Fall folgt aus einer solchen ökonomischen Vereinfachung<br />

menschlicher Existenz eine problematische Engführung, da mit ihr die Gefahr<br />

einer Enthumanisierung der Ökonomie und der Reduzierung des einzelnen Menschen<br />

zur bloßen Ressource einhergeht.9 Besonders in den letzten 20 Jahren hat sich der<br />

Welthandel aufgrund der wachsenden Vernetzung und Digitalisierung globaler Märkte<br />

radikal und mit einer Geschwindigkeit verändert, die die Gefahr einer solchen Enthumanisierung<br />

und Ökonomisierung menschlicher Existenz noch erhöht. Zwar gibt es<br />

nicht das christliche Menschenbild im Singular, aber das Bild vom Menschen <strong>als</strong> Ressource<br />

ist mit keiner Form christlicher Ethik vereinbar. Was Ethik und speziell Wirtschaftsethik<br />

auf dem Weg zu einer gerechteren Gesellschaft sinnvoll leisten kann und<br />

sollte, beantwortete John Kenneth Galbraith, der mittlerweile verstorbene Nestor<br />

keynesianischer Ökonomie in Nordamerika, wie folgt:<br />

„How we think about human nature is key to any theory trying to explain how markets<br />

function and how they should function. Global markets depend on their smallest units and<br />

those are generally people from all different cultures and creeds. A homo oeconomicusmodel<br />

does not take that fact into account. […] Business ethics will not change the rules<br />

of markets directly, but it can provide a key to help people understand life and markets as<br />

an inherent part of it. […] People fool themselves thinking that markets are a fully manageable<br />

process. It’s an inherent process and one has to work with its realities rather than<br />

thinking about it in abstract, theoretical terms.“10<br />

8 Vgl. Küng, H. (1997): Weltethos <strong>für</strong> Weltpolitik und Weltwirtschaft. München, Zürich.<br />

9 Vgl. Dietz, A. (2004): Der homo oeconomicus in der Perspektive theologischer Wirtschaftsethik, Diss.<br />

Heidelberg, S. 30.<br />

10 Interview des Autors mit John Kenneth Galbraith am 14.02.2003 in dessen Haus in Cambridge,<br />

Massachusetts.<br />

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