kostenfreier Download als PDF - Institut für Wirtschaftsforschung Halle
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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Wirtschaftsforschung</strong> <strong>Halle</strong><br />
im Wirtschaftsleben oder in der Politik Menschen entsprechend ihren Wertvorstellungen<br />
handeln und demgemäß auch danach beurteilt werden. Fast alle am Wirtschaftsleben<br />
Beteiligten sind sich darüber hinaus im Klaren, wie wichtig es ist, dass moralische<br />
Grundsätze das Geschäftsleben bestimmen. Man ist schlecht beraten, mit jemandem Geschäfte<br />
zu machen, der bestimmte Regeln nicht einhält. Und wenn gem. § 242 BGB<br />
Leistungen nach „Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte“ zu erbringen<br />
sind oder wenn man am liebsten mit einem Kaufmann Geschäfte macht, der nicht nur<br />
ehrlich, sondern ehrbar ist, dann wird klar, wie bestimmte Wertvorstellungen handfeste<br />
normative und ökonomische Konsequenzen haben können. Insofern kann ein moralischer<br />
Standard entscheidend sein <strong>für</strong> den gewerblichen Erfolg.<br />
8. Strittig bleibt etwas anderes: Im Rahmen menschlichen Handelns gibt es oft<br />
ganz verschiedene Handlungsoptionen, und nicht alle sind gleich wertvoll und in gleicher<br />
Weise Gegenstand moralischer Reflexion. Dieses Handeln wird nicht allein nach<br />
Kriterien wie „gut“ oder „schlecht“, sondern auch nach solchen wie „erfolgreich“ oder<br />
„nicht erfolgreich“, „wertvoll“ oder „weniger wertvoll“ beurteilt. Auf diese Weise ergeben<br />
sich verschiedene Wertungssysteme, die nicht einfach zur Deckung zu bringen sind.<br />
Darum sehen die einen zum Beispiel die Agenda 2010 der Bundesregierung <strong>als</strong> notwendige<br />
Rückkehr zur ursprünglichen Wertebasis der Sozialen Marktwirtschaft, andere dagegen<br />
werten diesen Umbau des Sozi<strong>als</strong>taates <strong>als</strong> große Ungerechtigkeit. Das Beispiel<br />
verdeutlicht: Wir können menschliches Handeln aus ganz unterschiedlicher Perspektive<br />
bewerten, je nachdem, ob wir es ökonomisch, politisch oder ethisch beurteilen. So lässt<br />
sich auch über einen Menschen sagen: Er ist zwar ein anständiger Mensch, aber erfolglos<br />
und wenig effektiv – oder eben umgekehrt! Ethische Kriterien wie die Gerechtigkeitsfrage<br />
und eine ökonomische Beurteilung nach Kriterien der Nützlichkeit oder der<br />
Effizienz treten dabei in Konkurrenz. Das eigentliche Problem <strong>für</strong> Wirtschaftsethik wie<br />
auch <strong>für</strong> jedes Nachdenken über den Wertbegriff besteht in der Klärung der Frage, wie<br />
sich solch unterschiedliche Bewertungssysteme zueinander verhalten. Denn in dem<br />
Maße, wie sich die Ökonomie nach Adam Smith <strong>als</strong> Wissenschaft etabliert hat, gelang<br />
es ihr, Modelle zu entwickeln, die das wirtschaftliche Handeln von Menschen zu erklären<br />
versuchen, ohne überhaupt auf nichtökonomische Vorgaben zurückgreifen zu müssen<br />
(Gary S. Becker et al.).<br />
Aus ethischer Sicht wird man das freilich anders beurteilen, aber die Zusammenordnung<br />
beider Wissenschaften innerhalb einer Moralphilosophie war nur deshalb möglich, weil<br />
die Ordnung menschlichen Lebens in bestimmten <strong>Institut</strong>ionen selbst <strong>als</strong> ethisches Phänomen<br />
wahrgenommen wurde. Was heißt das konkret? Auf der einen Seite bedeutet es,<br />
dass die Existenz von Wirtschaft oder Politik niem<strong>als</strong> losgelöst ist von der Existenz der<br />
menschlichen Gemeinschaft, <strong>für</strong> die sie da ist. Es ist von vornherein eine bedenkliche<br />
Abstraktion, Wirtschaft so zu betrachten, <strong>als</strong> gehe es dort nur um das zufällige Zusammenwirken<br />
von egoistischen Individuen. Auf der anderen Seite bedeutet es aber ebenso,<br />
dass Ethik sich nicht selbst verstehen darf <strong>als</strong> eine Ansammlung von Geboten und Sollansätzen,<br />
die dann von Fall zu Fall auf die sperrige Wirklichkeit angewandt werden,<br />
meist mit dem Ergebnis, dass sie nichts bewirken. Vielmehr ist Ethik in erster Linie eine<br />
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