kostenfreier Download als PDF - Institut für Wirtschaftsforschung Halle
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Akademie <strong>für</strong> Politische Bildung Tutzing<br />
Zwar mag es sein, dass in einer globalisierten Welt die Untugenden der Gier (Pleonexia)<br />
und der Selbstüberschätzung (Hybris) zu schwerer wiegenden Auswüchsen führen, <strong>als</strong><br />
dies in den stärker regulierten Wirtschaftsordnungen nationaler Volkswirtschaften vorm<strong>als</strong><br />
möglich gewesen wäre. Jedoch gilt es, die Ursachen einzelner Fehlentwicklungen<br />
zu unterscheiden und von allfälligen Pauschalierungen Abstand zu nehmen. Dennoch<br />
stellt sich aufgrund der globalen Auswirkungen, die das (moralische) Fehlverhalten<br />
Einzelner nach sich ziehen kann, die durchaus nicht unberechtigte Frage nach der Moral<br />
in einer globalisierten Wirtschaft.<br />
Mindestens <strong>für</strong> die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik galt lange Jahre der Grundkonsens<br />
einer „Sozialen Marktwirtschaft“. Gemeint war damit, dass dem Wettbewerb<br />
die Zügel einer sozialverträglichen Wettbewerbsordnung angelegt wurden.20 Wettbewerb<br />
sollte so dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Solidarität und Subsidiarität, aber<br />
auch Schutz der wirtschaftlich Schwächeren waren tragende Grundwerte in diesem<br />
Konzept. Unmissverständlich wurde diese Sichtweise in der katholischen Sozialenzyklika<br />
“Quadragesimo Anno“ zum Ausdruck gebracht, die wie kaum ein anderes sozialpolitisches<br />
Schriftstück seiner Zeit die Vorstellungswelt der Väter der Sozialen Marktwirtschaft<br />
beeinflusste:<br />
„Die Wettbewerbsfreiheit – obwohl innerhalb der gehörigen Grenzen berechtigt und von<br />
zweifellosem Nutzen – kann aber unmöglich regulatives Prinzip der Wirtschaft sein. […]<br />
Daher besteht die dringende Notwendigkeit, die Wirtschaft wieder einem echten und<br />
durchgreifend regulativen Prinzip zu unterstellen.“21<br />
Diese Sichtweise scheint in einer globalen Wettbewerbswirtschaft jedoch zunehmend in<br />
Vergessenheit zu geraten.<br />
Analysiert man die Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft etwas genauer, so sind es<br />
vor allem zwei vielfach unterschätzte Voraussetzungen die <strong>für</strong> das Funktionieren und<br />
den Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft verantwortlich waren. Dies ist zum einen der<br />
Umstand, dass eine Soziale Marktwirtschaft stets auf dem Primat der Politik vor der<br />
Wirtschaft innerhalb eines begrenzten Wirtschaftsraums aufbaut, da nur so jene gesellschaftlichen<br />
Anliegen, die das soziale Gefüge stabilisieren und den sozialen Frieden gewährleisten,<br />
umgesetzt werden können. Und dies ist zum anderen der Umstand, dass<br />
auch eine Soziale Marktwirtschaft, neben dem Staat <strong>als</strong> Garant der sozialen Ordnung,<br />
vor allem auf eine solidarische Wertegemeinschaft der Staatsbürger angewiesen ist.<br />
Insbesondere diese solidarische Wertegemeinschaft scheint durch die Globalisierung<br />
bedroht. In gewissem Sinne führt hier die Globalisierung zu einer gesellschaftlichen Destabilisierung,<br />
da eine Identifikation der großen Unternehmen mit nationalen Gemeinschaften<br />
vielfach nicht mehr gegeben ist. Betrachtet man die Eigentümerstrukturen<br />
multinationaler Konzerne, kann von einer Verpflichtung der Unternehmen gegenüber<br />
20 Vgl. Quadragesimo Anno (1931), Abs. 88.<br />
21 Quadragesimo Anno (1931), Abs. 88.<br />
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