Eine computerlinguistische Untersuchung des Genitivschwundes
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2. Theoretischer Hintergrund<br />
sein Flötenspiel besänftigen, damit der Vater den Löwen anschließend in seinen Käfig<br />
locken kann. Erstaunlicherweise erlaubt der Fürst diese sonderbare Methode.<br />
Bald gelingt es dem Jungen und seinem Vater den Löwen durch Flötenspiel und<br />
Gesang zu besänftigen und langsam aus der Stammburg hinaus zu locken. Singend<br />
zieht der Junge, gefolgt von dem scheinbar zahmen Löwen, weiter. Die Novelle endet<br />
mit einer Zeile aus dem Lied <strong>des</strong> Knabens:<br />
„"und so geht mit guten Kindern selger Engel gern zu Rat, böses Wollen zu verhindern,<br />
zu befördern schöne Tat. So beschwören, fest zu bannen liebem Sohn ans zarte Knie<br />
ihn, <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> Hochtyrannen, frommer Sinn und Melodie".“<br />
(Goethe, 1828: Kap.7)<br />
Dieser hochlyrische Schluss ist nach Goethes Ansicht nötig, „denn nach der pathetischen<br />
Rede <strong>des</strong> Mannes, die schon poetische Prosa ist, mußte eine Steigerung<br />
kommen, ich mußte zur lyrischen Poesie, ja zum Liede selbst übergehen“ (Eckermann,<br />
1981: Kap.77).<br />
2.2.2 „Der Tod in Venedig“ von Thomas Mann<br />
„Der Tod in Venedig“ von Thomas Mann scheint zwar gattungsgerecht keine<br />
mustergültige Novelle zu sein, jedoch hat der Autor diese und einige weitere Erzählungen<br />
bewusst, wohl aufgrund deren Objektivität, als solche bezeichnet. „Der Tod<br />
in Venedig“ ist dabei diejenige Erzählung, die (zusammen mit einer weiteren) einer<br />
Novelle am meisten entsprach (siehe Aust, 2012). Hermann Kurzke (2009) weist auf<br />
die Tatsache hin, dass noch heute Unterrichtsbehörden ihren Schülern den Stil<br />
Thomas Manns näherbringen, da vor allem „Der Tod in Venedig“ in einem perfekten<br />
klassizistischen Stil geschrieben ist.<br />
Die Hauptfigur der Novelle ist Gustav von Aschenbach, ein verwitweter und alternder<br />
Schriftsteller, der ein hohes Ansehen genießt und aufgrund seiner herausragenden<br />
Leistungen geadelt wurde. Es wird davon ausgegangen, dass die Figur <strong>des</strong> Aschenbachs<br />
autobiographische Züge Thomas Manns trägt (siehe Kurzke, 2009). Den Beschluss<br />
auf Reisen zu gehen trifft Aschenbach, nachdem er während eines Spaziergangs<br />
auf einen Wanderer aufmerksam wird, der das Reisefieber in ihm weckt.<br />
Zunächst führt ihn seine Reise auf eine Insel der Adria, da er hofft, dort sein Verlangen<br />
nach dem Fremdartigen und Bezuglosen zu stillen. Dies gelingt ihm jedoch nicht und<br />
der enttäuschende Strand, das schlechte Wetter und die österreichische Hotelgesellschaft<br />
führen dazu, dass er sich anderthalb Wochen später auf einem Dampfer<br />
nach Venedig befindet. In Venedig angekommen, wird Aschenbach in seinem Hotel<br />
beim Aben<strong>des</strong>sen auf eine polnische Familie und vor allem auf deren schätzungsweise<br />
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