30.01.2014 Aufrufe

Eine computerlinguistische Untersuchung des Genitivschwundes

Eine computerlinguistische Untersuchung des Genitivschwundes

Eine computerlinguistische Untersuchung des Genitivschwundes

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

5. Ergebnisse der <strong>computerlinguistische</strong>n Analyse<br />

Objekte im Vergleich zum adverbalen Genitiv immer seltener verwendet werden.<br />

Hieraus ergibt sich die Interpretation, dass die Objekttypen zu Beginn in Konkurrenz<br />

zueinander standen, dann jedoch die nicht-genitivische Version die Oberhand gewann.<br />

Dennoch sind diese Konstruktionen mit den entsprechenden Verben heutzutage kaum<br />

noch zu finden. Diese Verben sind somit vermutlich ebenso ausgestorben oder<br />

zumin<strong>des</strong>t veraltet.<br />

Außerdem lässt sich aus dem geringen Gesamtprozentsatz aller ersetzenden Konstruktionen,<br />

der sich auch im Laufe der Zeit nicht erhöht, folgern, dass der Genitiv nicht<br />

durch die stärkere Benutzung anderer Konstruktionen verdrängt wurde. Mann zeigt in<br />

den Anteilen der Genitivarten eine sehr ähnliche Verteilung zu der von Goethe. Die<br />

erhöhten Prozentzahlen bei Mann bezogen auf den ganzen Text zeichnen sich somit<br />

lediglich durch eine höhere Verwendung <strong>des</strong> Genitivs aus, auch an Stellen, an denen<br />

er nicht gefordert ist. Dies bestätigt erneut einen besonderen Hang zum Genitiv in<br />

seinem Schreibstil. Ob dies über „Der Tod in Venedig“ hinausgeht, kann durch die vorliegende<br />

Analyse jedoch nicht beantwortet werden.<br />

Betrachtet man nun die in der Ausgabe aufgeführten Vorkommnisse der einzelnen<br />

Genitive, so erscheinen bei manchen Genitivgruppen Auffälligkeiten, welche die bisherigen<br />

Ergebnisse unterstützen. Vergleicht man die adnominalen Genitive mit definitem<br />

Artikel in den drei Novellen, erkennt man Folgen<strong>des</strong>: Während bei „Die Entdeckung der<br />

Currywurst“ und „Novelle“ kein einziges Mal ein Genitiv mit Eigennamen auftritt, so sind<br />

in „Der Tod in Venedig“ einige zu finden. Somit zeichnet sich diese Novelle bereits hier<br />

durch ein anderes Genitivverständnis aus. Unter anderem sind diese besonderen<br />

Genitive, auch wenn sie meistens nicht vom TreeTagger als Eigennamen annotiert<br />

wurden, „Haus NN <strong>des</strong> ART Ai<strong>des</strong> ADJA“ (ven-output.txt: Z.107), „Haupt NE <strong>des</strong> ART<br />

Eros NN“ (ven-output.txt: Z.136) oder auch „Bleiben NN <strong>des</strong> ART trefflichen ADJA<br />

Adgios NN“ (ven-output.txt: Z.402). Hierbei handelt es sich um griechische Gottheiten<br />

oder zumin<strong>des</strong>t, nach Empfinden Aschenbachs, gottesgleiche Geschöpfe. In diesen<br />

Auszügen sticht der Bezug zur Neuklassik hervor (siehe Kurzke, 2009), der auf eine<br />

Verbundenheit zum Genitiv als Stilmittel einer gehobeneren Sprache hindeuten könnte.<br />

Bei „Dichter NN <strong>des</strong> ART Friedrich NE“ (ven-output.txt: Z.69) handelt es sich zwar um<br />

eine heldenhafte Sagenfigur, jedoch ist auffällig, dass keine typische Genitivendung<br />

(-s) angehängt wird. Aus dem Zusammenhang wird erkenntlich, dass hierbei das Buch<br />

und nicht die Person gemeint ist. Auch „Insel NN der ART Adria NE“ (ven-output.txt:<br />

Z.76) ist herauszunehmen, denn hier handelt es sich ebenfalls um eine unbelebte<br />

Erscheinung eines Eigennamens. Insgesamt sind bei allen drei Novellen eher unbelebte<br />

als belebte adnominale Genitive mit definitem Artikel zu finden.<br />

51

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!