Eine computerlinguistische Untersuchung des Genitivschwundes
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Eine computerlinguistische Untersuchung des Genitivschwundes
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6. Diskussion<br />
Pronomen ist eher zufällig und hat vielmehr mit der Bedeutung der Pronomen zu tun,<br />
da diese in unterschiedlichen Kontexten benötigt werden. Diese Genitivgruppen scheinen<br />
ebenfalls im Rahmen <strong>des</strong> gesamten Genitivschwun<strong>des</strong> in ihrer Zahl verringert<br />
worden zu sein, was jedoch nicht unbedingt auf die einzelnen Formen zurückgeführt<br />
werden kann. Trotzdem ist beizubehalten, dass jener und jenes heutzutage weniger<br />
gebraucht werden, womit auch die gesamte Verwendung <strong>des</strong> adnominalen Genitivs mit<br />
Demonstrativpronomen zurückgeht. Zudem wird durch deren gehäufte Verwendung in<br />
„Der Tod in Venedig“ Thomas Manns Hang zum Genitiv erneut verdeutlicht.<br />
<strong>Eine</strong> weitere Besonderheit bei den Demonstrativpronomen weist „Dichter NN all PIAT<br />
derer PDS“ (ven-output.txt: Z.621) aus Thomas Manns „Der Tod in Venedig“ auf. Der<br />
vorausgehende Auszug stellt in den drei Novellen das einzige Vorkommen eines<br />
substituierenden Demonstrativpronomens dar. Allerdings ist hier nicht eindeutig, ob<br />
diese Konstruktion wirklich so besonders ist und als Indikator für Manns Präferenz <strong>des</strong><br />
Genitivs dienen darf. Ebenso gut könnte hier nicht derer ausschlaggebend für die<br />
Einordnung sein, sondern all, welches das POS Tag eines attribuierenden Indefinitpronomens<br />
trägt, könnte dafür sorgen, dass die Konstruktion unter den adnominalen<br />
Genitiven mit Indefinitpronomen angeführt wird. Denn ist all derer nicht in etwa<br />
gleichbedeutend mit aller? Wiederum ist dies nur ein Einzelfall und trägt somit nicht zu<br />
einem verfälschten Ergebnis bei, dennoch sollte diesem Fall Beachtung geschenkt<br />
werden. Die Einordnung bei den Demonstrativpronomen erfolgte unter Berücksichtigung<br />
<strong>des</strong> POS Tags und aufgrund der Semantik von derer, die ebenfalls eher<br />
einem Demonstrativpronomen entspricht.<br />
Die Argumentation über die innere Form ist bei den adnominalen Genitiven mit Adjektiv<br />
ohne Artikel hingegen deutlich nachvollziehbar. Durch Plank (1980) wird bestätigt, dass<br />
indefinite Nomen im Plural sowie weibliche Nomen ohne Artikel oder Adjektiv in einer<br />
genitivischen Konstruktion ungrammatisch werden. Insofern sind es vermutlich vor<br />
allem diese Konstruktionen, die an dieser Stelle erhalten bleiben.<br />
Die vorangestellten adnominalen Genitive scheinen innerhalb <strong>des</strong> untersuchten Zeitraums<br />
eine Umkehr von belebten männlichen zu unbelebten weiblichen Genitiven zu<br />
vollziehen. Der allgemeine Verlust dieser Genitivart steht allerdings im Vordergrund<br />
und der Korpus reicht nicht vollständig aus, um definitiv davon ausgehen zu können,<br />
dass sich der Rückgang als ein Verlust der männlichen Variante darstellt. Bayer (2005)<br />
bestätigt, dass der Genitiv in der modernen Standardsprache fast ausschließlich in<br />
nachgestellter Form auftritt. Hierdurch wird die These unterstützt, dass der vorangestellte<br />
Genitiv generell zurückgeht und nicht aus einer Änderung der inneren Form<br />
heraus entsteht.<br />
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