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Eine computerlinguistische Untersuchung des Genitivschwundes

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2. Theoretischer Hintergrund<br />

Der Ich-Erzähler, der einst in Hamburg lebte, besucht Frau Brücker im Altenheim, um<br />

zu erfahren, wie sie auf das Rezept der Currywurst gestoßen ist. Die inzwischen erblindete,<br />

alte Frau beginnt mit einer ausschweifenden Erzählung. Diese beginnt in den<br />

letzten Kriegstagen <strong>des</strong> Jahres 1945. Lena Brücker leitet zu dieser Zeit eine Kantine in<br />

Hamburg und trifft bei einem Kinobesuch auf den deutlich jüngeren Marinesoldaten<br />

Bremer, der sich anschließend bei ihr versteckt und fahnenflüchtig wird. Es entwickelt<br />

sich eine Liebesgeschichte zwischen Brücker und dem jungen Bremer. Nach Hielscher<br />

(2007) ist die unerhörte Begebenheit, die für die Novellenkennzeichnung verantwortlich<br />

ist, die Lügengeschichte, die Lena Brücker Bremer auftischt, indem sie ihm nach der<br />

Kapitulation Deutschlands das Ende <strong>des</strong> Krieges verschweigt und vorgibt, ihn weiter<br />

verstecken zu müssen. Hielscher (2007) bietet hier einen Vergleich zum Neuklassizismus,<br />

denn in der griechischen Antike wurde Kalypso sieben Jahre lang von<br />

Odysseus auf der Insel Ogygia festgehalten.<br />

Nachdem Lena Brücker in einem Streit gesteht, dass der Krieg beendet ist, verschwindet<br />

Bremer. Hinzu kommt, dass sie auch in der Kantine nach dem Krieg nicht<br />

mehr gebraucht wird. Somit benötigt sie eine neue Möglichkeit, sich ihren Lebensunterhalt<br />

zu verdienen. Um sich eine Zukunft mit einem Imbissbudenstand aufzubauen, betreibt<br />

sie fleißig Tauschhandel mit den Engländern und erhält Würste, sowie Currypulver<br />

und Ketchup. Durch ein Missgeschick stolpert sie samt ihrer Errungenschaften<br />

die Treppe hinauf und die Ketchupflaschen zerbrechen. Als sie ihre von Ketchup und<br />

Curry verschmierten Finger ableckt, ist sie überwältigt von diesem besonderen Geschmack.<br />

Deshalb kann nicht von der Erfindung, sondern bestenfalls von der Entdeckung<br />

der Currywurst gesprochen werden:<br />

„Dass die Currywurst zufällig entdeckt und nicht intentional erfunden wird, betont das<br />

Spontane, quasi Objektgeleitete, das von den Dingen Angesprochene und Reaktive, aus<br />

dem eine neue sinnliche Erfahrung und damit eine neue Weltsicht entspringt.“<br />

(Hielscher, 2007: 152)<br />

Als der Ich-Erzähler ein letztes Mal zu Frau Brücker fährt, wird ihm mitgeteilt, dass<br />

diese bereits verstorben ist. Sie hinterließ ihm jedoch ein Paket, welches den Pullover,<br />

den sie während seiner Besuche strickte, enthält und auch ein vergilbter Zettel ist darin<br />

zu finden. Auf der einen Seite <strong>des</strong> Zettels stehen die Zutaten der Currywurst in Frau<br />

Brückers Handschrift. Auf der anderen Seite sind Teile eines Kreuzworträtsels zu<br />

sehen, dass Bremer zu lösen versuchte. <strong>Eine</strong>s der Lösungsworte lautet Novelle.<br />

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