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Eine computerlinguistische Untersuchung des Genitivschwundes

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6. Diskussion<br />

und die Koordinationen sowie Aufzählungen ebenfalls aufzuführen, da diese Genitive<br />

erneut gewichtet werden sollten. Äquivalent dazu werden auch Periphrasen, die aus<br />

zwei koordinierten Elementen bestehen, gezählt.<br />

Bei den Koordinationen und Aufzählungen ist wiederum zu erkennen, dass bei Goethe<br />

ein deutlich höherer Prozentsatz für diese Konstruktionen errechnet wird, der im Laufe<br />

<strong>des</strong> untersuchten Zeitraums stetig abnimmt. Dies kann entweder aus dem allgemeinen<br />

Schwund <strong>des</strong> adnominalen Genitivs resultieren oder Goethe zeigt eine besondere<br />

Vorliebe für diese Konstruktionen. An dieser Stelle werden der hohe Anteil, der sich bei<br />

Goethe im Vergleich zum Gebrauch der anderen adnominalen Genitivarten zeigt und<br />

die Tatsache, dass auch Manns Prozentsatz und Anteil geringer sind, so interpretiert,<br />

dass sich dieses gehäufte Vorkommen bei Goethe auf seinen Schreibstil zurückführen<br />

lässt und zusätzlich eventuell in geringem Maße von dem allgemeinen Genitivrückgang<br />

beeinflusst wird.<br />

Insgesamt ist es formal gesehen schwierig, die Novellen einzuordnen und ihre Nähe<br />

zur gesprochenen Sprache zu klassifizieren. Das Gespräch, das in der Novelle im<br />

Mittelpunkt steht, sollte eine hohe Affinität zur Umgangssprache haben. Dafür konnten<br />

jedoch nur selten Hinweise gefunden werden, wie im Falle von Frau Brücker in „Die<br />

Entdeckung der Currywurst“. Sonstige Genitivverluste oder Ersetzungen lassen sich<br />

nur schwer auf solche Texteigenschaften und gattungstechnische Kriterien zurückführen.<br />

Nichts<strong>des</strong>totrotz vertreten die Novellen die gegenwärtige Sprache ihrer Zeit und<br />

erlauben somit Aussagen über den Genitivgebrauch.<br />

Weiterhin problematisch sind die unterschiedlichen Längen der Novellen, denn<br />

„Novelle“ ist wesentlich kürzer als die anderen beiden und sogar „Die Entdeckung der<br />

Currywurst“ ist, gemessen an der Wortzahl, fast doppelt so lang wie „Der Tod in<br />

Venedig“. Hier könnten bessere und präzisere Ergebnisse erzielt werden, würde man<br />

annähernd gleich lange Novellen aussuchen. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob Timms<br />

Werk dem Novellenbegriff noch gerecht wird und sein Buch nicht die kürzere bis<br />

mittlere Länge überschreitet. Zudem wurde eingangs festgestellt, dass „Der Tod in<br />

Venedig“ keine mustergültige Novelle darstellt (siehe Aust, 2012). Dem ist jedoch<br />

entgegenzusetzen, dass nicht absolute, sondern relative Zahlen in der vorliegenden<br />

<strong>Untersuchung</strong> zur Evaluierung benutzt wurden und würde die Länge tatsächlich<br />

relevant sein, so hätte sich kein deutlicher Genitivschwund von alt zu neu abgezeichnet.<br />

Die Aussagen über die genauen Formen der Genitive wirken durch die<br />

ungleichen Korpora weniger fundiert. Die Länge von Timms Novelle ist den Charakter<br />

betreffend nicht ausschlaggebend, denn andere typische Novellenmerkmale, wie die<br />

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