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Eine computerlinguistische Untersuchung des Genitivschwundes

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5. Ergebnisse der <strong>computerlinguistische</strong>n Analyse<br />

Anteilig gesehen werden die adnominalen Genitive bei allen drei Novellen mit Abstand<br />

am häufigsten benutzt. Tabelle 6 zeigt, dass sie dabei bereits bei Goethe einen sehr<br />

hohen Anteil von fast 85 % einnehmen, der über Mann auf bis zu ungefähr 90 % bei<br />

Timm ansteigt. Dies macht deutlich, dass schon vor fast 200 Jahren der adnominale<br />

Genitiv gegenüber dem adverbalen Genitiv dominierend war. Zudem hält diese<br />

Dominanz bis heute an und die Diskrepanz zwischen adnominalem und adverbalem<br />

Genitiv vergrößert sich sogar. Dieses Ergebnis bestätigt die These Fleischer &<br />

Schallerts (2011), dass der Genitiv im Wesentlichen ein adnominaler Kasus sei.<br />

Novelle<br />

"Die Entdeckung der<br />

"Novelle" "Der Tod in Venedig"<br />

Currywurst"<br />

Genitiv<br />

adnominal 84,55% 89,59% 90,49%<br />

frei 1,63% 2,91% 2,59%<br />

Prä-/Postposition 1,63% 3,03% 4,32%<br />

Adjektiv 2,44% 0,36% 0,00%<br />

adverbal 2,44% 2,78% 0,29%<br />

Konjunktion/Adjektiv/Adverb 7,32% 1,33% 2,31%<br />

Tabelle 6: Prozentuale Anteile aller Genitivtypen bezogen auf alle Genitive<br />

Interessant ist auch, dass der adverbale Genitiv bei Goethe und bei Mann einen<br />

ähnlich geringen Anteil annimmt, welcher bei Mann nur sehr geringfügig erhöht ist.<br />

Thomas Mann scheint also noch darauf bedacht gewesen zu sein, den adverbalen<br />

Genitiv zu erhalten. Bei Timm wird dieser Anteil jedoch deutlich kleiner und beträgt nur<br />

noch 0,29 %, womit der adverbale Genitiv kaum noch vorkommt.<br />

Erstaunlicherweise nehmen freie Genitive einen höheren Anteil bei Timm als bei<br />

Goethe an. Auch bei Mann, der hinsichtlich <strong>des</strong> Gesamttexts bereits sehr viele freie<br />

Genitive benutzt hat, ist der Anteil nur gering höher als bei Timm. Dies lässt sich<br />

folgendermaßen interpretieren: Da der freie Genitiv einen höheren Anteil einnimmt, der<br />

dadurch entsteht, dass andere Genitivarten verschwinden, ist der freie Genitiv stabil<br />

und wird auch heutzutage noch häufig verwendet. Diese These wird von den zuvor<br />

dargelegten Ergebnissen gestützt. Auch Prä- und Postpositionen, die einen Genitiv<br />

auslösen, stehen anteilig in einem ähnlichen Zusammenhang, außer dass hier Manns<br />

Anteil nicht größer ist als jener von Timm. Sie scheinen somit ebenfalls stabil zu sein.<br />

Adjektive, die Genitive auslösen, machen im modernen Text keinen Anteil mehr aus<br />

und gehen bereits von Goethe zu Mann zurück. Auch Konjunktionen, Adjektive oder<br />

Adverbien, die einen Genitiv enthalten, gehen anteilig im Laufe der Zeit zurück, sie<br />

werden im Vergleich zu den anderen beiden Novellen bei Mann am wenigsten<br />

verwendet.<br />

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