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Eine computerlinguistische Untersuchung des Genitivschwundes

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6. Diskussion<br />

sowie genitivauslösenden Adjektiven und Prä- oder Postpositionen als Konkurrenz<br />

erfasst wurden, die zuvor bereits mit Genitiv gefunden wurden. Weiterhin ist auch kein<br />

sogenannter possessiver Dativ ermittelt worden, obwohl die Konstruktion nicht erst im<br />

modernen Deutsch auftritt, sondern bereits seit längerer Zeit dabei ist, den Genitiv zu<br />

verdrängen (siehe Meinunger, 2008). Es ist denkbar, dass der possessive Dativ eher<br />

im süddeutschen Sprachgebrauch vorkommt und <strong>des</strong>halb in der modernen Novelle<br />

nicht auftaucht, da Frau Brücker aus Hamburg stammt (siehe Timm, 2008). <strong>Eine</strong><br />

eindeutige Erklärung ist dies aber nicht, denn Fleischer & Schallert (2011) geben ein<br />

Beispiel für den possessiven Dativ im Nordniederdeutschen an.<br />

Es konnte zwar der Verfall <strong>des</strong> Genitivs mit Hilfe der <strong>Untersuchung</strong> gezeigt werden,<br />

allerdings steht dieser scheinbar nicht in Zusammenhang mit einer Verdrängung durch<br />

konkurrierende Konstruktionen. Die relative Häufigkeit der Periphrasen, die den adnominalen<br />

Genitiv ersetzen, nimmt im zeitlichen Verlauf der Novellen zu, es ist aber<br />

nicht einfach festzustellen, ob diese Periphrasen nur eine ersetzende Funktion haben<br />

oder an gewissen Stellen sogar die einzig richtige Variante sind, um eine bestimmte<br />

Relation auszudrücken. Denn findet man „kein beugsames Element, weder Artikel<br />

noch Adjektiv, in der Nähe, wie das bei indefiniten Konstruktionen bisweilen der Fall ist,<br />

dann muss man das Element von einschieben“ (Meinunger, 2008: 75). Somit sind zwei<br />

entgegengesetzte Schlussfolgerungen möglich: Zum einen könnte der adnominale<br />

Genitiv dadurch dezimiert werden, dass er durch von- oder seltener an-Periphrasen<br />

ersetzt wird, wobei die anderen konkurrierenden Konstruktionen über die adnominalen<br />

Genitive hinaus nur einen geringen Anteil im Rahmen der Verdrängung <strong>des</strong> Genitivs<br />

ausmachen. Zum anderen kann argumentiert werden, dass diese Konstruktionen den<br />

Genitiv eigentlich nicht ersetzen, sondern an gewissen Stellen benutzt werden müssen.<br />

Diese grammatisch benötigten von-Periphrasen können somit den Genitiv nicht verdrängen,<br />

denn sie werden schon immer gebraucht. Betrachtet man die Periphrasen, so<br />

wird deutlich, dass vor allem bei Timm in den meisten Fällen ein beugsames Element<br />

vorhanden ist. Ist dies nicht der Fall, so beinhaltet die von-Periphrase fast nur Eigenund<br />

Städtenamen und ersetzt hier den s-Genitiv. In „Der Tod in Venedig“ ist hingegen<br />

zu sehen, dass die meisten von-Periphrasen, solche sind, die an dieser Stelle stehen<br />

müssen. Auch bei Goethe sind diese zu finden, jedoch ist die Zahl der ersetzenden<br />

von-Periphrasen geringfügig größer. Somit lässt sich ein Anstieg in den Ersetzungen<br />

feststellen. Außerdem ergibt sich, dass Mann weniger tatsächliche Ersetzungen <strong>des</strong><br />

Genitivs benutzt als die beiden anderen Autoren. An dieser Stelle müsste eine<br />

detailliertere <strong>Untersuchung</strong> der Periphrasen angesetzt werden und genauer überprüft<br />

werden, inwiefern diese den Genitiv beeinflussen und welche Funktion sie tragen,<br />

damit eindeutige Ergebnisse vorgelegt werden können.<br />

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